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Frage nach der Emancipationsfähigkeit des Juden verwandelt sich uns in die Frage, welches besondre gesellschaftliche Element zu überwinden sei, um das Judenthum aufzuheben? Denn die Emancipationsfähigkeit des heutigen Juden ist das Verhältniss des Judenthums zur Emancipation der heutigen Welt. Dies Verhältniss ergiebt sich nothwendig aus der besondern Stellung des Judenthums in der heutigen geknechteten Welt.

Betrachten wir den wirklichen weltlichen Juden, nicht den Sabbaths Juden, wie Bauer es thut, sondern den Alltagsjuden.

Suchen wir das Geheimniss des Juden nicht in seiner Religion, sondern suchen wir das Geheimniss der Religion im wirklichen Juden.

Welches ist der weltliche Grund des Judenthums? Das praktische Bedürfniss, der Eigennutz.

Welches ist der weltliche Kultus des Juden? Der Schacher. Welches ist sein weltlicher Gott? Das Geld.

Nun wohl! Die Emancipation vom Schacher und vom Geld, also vom praktischen, realen Judenthum wäre die Selbstemancipation unsrer Zeit.

Eine Organisation der Gesellschaft, welche die Voraussetzungen des Schachers, also die Möglichkeit des Schachers aufhöbe, hätte den Juden unmöglich gemacht. Sein religiöses Bewusstsein würde wie ein fader Dunst in der wirklichen Lebensluft der Gesellschaft sich auflösen. Andrerseits: wenn der Jude dies sein praktisches Wesen als nichtig erkennt und an seiner Aufhebung arbeitet, arbeitet er aus seiner bisherigen Entwicklung heraus, an der menschlichen Emancipation schlechthin und kehrt sich gegen den höchsten praktischen Ausdruck der menschlichen Selbstentfremdung.

Wir erkennen also im Judenthum ein allgemeines gegenwärtiges antisociales Element, welches durch die geschichtliche Entwicklung, an welcher die Juden in dieser schlechten Beziehung eifrig mitgearbeitet, auf seine jetzige Höhe getrieben wurde, auf eine Höhe, auf welcher es sich nothwendig auflösen muss.

Die Judenemancipation in ihrer letzten Bedeutung ist die Emancipation der Menschheit vom Judenthum.

Der Jude hat sich bereits auf jüdische Weise emancipirt. «Der Jude, der in Wien z. B. nur tolerirt ist, bestimmt durch seine Geldmacht das Geschick des ganzen Reichs. Der Jude der in dem kleinsten

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Karl Marx: Zur Judenfrage. In: Deutsch-Französische Jahrbücher, Paris: Bureau der Jahrbücher, 1844, Seite 209. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_209.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)