Seite:Deutsch Franz Jahrbücher (Ruge Marx) 170.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

aller seiner Ruhe keinem andern zu vergleichen! Da sind Anklänge einer neuen Sphärenmelodie, hörbar aufs Neue durch all den unendlichen Jargon und die Dissonanzen des Dings, das man Litteratur nennt,“

Goethe, der Prophet der „Religion der Zukunft“, und ihr Cultus - die Arbeit. „Denn es liegt ein ewiger Adel, ja eine Heiligkeit in der Arbeit. Und wäre er noch so verfinstert, seines hohen Berufes vergessen, so ist doch immer noch Hoffnung da, für einen Menschen, der wirklich und ernstlich arbeitet; in der Faulheit allein ist ewige Verzweiflung. Arbeit, noch so mammonisirt, noch so erniedrigt, bleibt doch eine Verbindung mit der Natur; der treibende Wunsch, seine Arbeit gethan zu bekommen, wird mehr und mehr der Wahrheit und den Bestimmungen und den Gesetzen der Natur zuführen. - - Eine unendliche Bedeutung liegt in der Arbeit; der Mensch vollendet sich durch sie. Faule Moräste werden weggeräumt; schöne Saatfelder erstehen an ihrer Stelle, und prächtige Städte, und vor Allem zuerst hört der Mensch selbst auf, ein fauler Morast und eine seuchenschwangere Wüste zu sein. Bedenkt, wie selbst in den niedrigsten Arten der Arbeit die ganze Seele des Menschen in eine gewisse Harmonie versetzt wird, so wie er sich an die Arbeit gibt! Zweifel, Verlangen, Kummer, Unruhe, Unwille, Verzweiflung selbst, alle diese, wie Höllenhunde belagern die Seele des armen Tagarbeiters, wie jedes andern, aber er greift mit freiem Muth sein Tagwerk an, und sie alle weichen murrend zurück in ihre fernen Höhlen. Der Mensch ist nun Mensch; die heilige Glut der Arbeit in ihm ist wie ein reinigend Feuer, worin alles Gift, und selbst der verpestendste Qualm in einer hellen heiligen Flamme verbrennt. - - Gesegnet ist, wer seine Arbeit gefunden hat; er verlange nach keinem anderen Segen. Er hat eine Arbeit, einen Lebenszweck; er hat ihn gefunden, er verfolgt ihn, und nun fliesst sein Leben dahin, ein freiströmender Kanal, gegraben durch den abgestandenen Nothsumpf der Existenz, ableitend das abgestandne Wasser von der entferntesten Binse, den verpestenden Sumpf in eine grüne fruchtbare Wiese verwandelnd. Arbeit ist Leben; Du hast im Grunde keine andere Kenntniss, als die Du Dir durch Arbeit erworben hast, das Uebrige ist all Hypothese, Stoff zum Schulgezänk in den Wolken, in endlosen logischen Strudeln flutend, bis wir es versuchen und fixiren. Zweifel aller Art kann nur durch Thätigkeit gelöst werden. - - Wunderschön war der Spruch der alten Mönche: Laborare, est orare, Arbeit ist Cultus.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Engels: Die Lage Englands. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 170. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_170.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)