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Unbesonnenheit sich zu überlassen pflegen, wie dies des geistvollen Chateaubriands und Lamennais’s christliche Schwärmereien und die romantischen Gelüste eines grossen Theils der jetzigen französischen Jugend hinlänglich beweisen. Haben wir Deutsche uns an der Freiheit versündigt, als wir die grösste That der Weltgeschichte, die Revolution, im Dienste des Despotismus bekämpften, so wird es eine Sühne sein, wenn jetzt die deutsche Philosophie den französischen Geist vor den Lockungen, die ihm drohen, bewahren kann - Lockungen, denen die guten Deutschen seit den Freiheitskriegen so schmählich erlegen sind. Der Naive, der die Irrwege der religiösen und poetischen Phantastik nicht kennen gelernt, der sie in jener metaphysischen Himmelscharte nicht genau verzeichnet und für immer characterisirt weiss, ist nie sicher. Auf die metaphysische Naivetät der Menschen haben von jeher die Priester, welche die Stirn hatten, der Welt Mysterien zu offenbaren, die sie selbst weder wussten noch glaubten, ihr System gebaut. Auf dieser Naivetät ruhte das ganze System der mittelalterlichen Heiligthümer, denen der Mensch und seine Freiheit zum Opfer gebracht wurde. Die Deutschen haben den Ruhm, dieser düpirten und entmenschten Zeit vorzugsweise anzugehören. Den Sturz von den lichten Höhen der griechischen Menschheit in die düstre Tiefe der christlich-germanischen Gemüthsrohheit, wem anders als der metaphysischen Einfalt unserer Vorfahren hat die Welt ihn zu verdanken? Und diese tausendjährige Einfalt sollte die Revolution überleben und selbst durch den Zusammensturz des ganzen alten Reichsplunders nicht gewitzigt werden! - Als die Deutschen im Anfange dieses Jahrhunderts ihre Unabhängigkeit wieder erobert hatten, wandten sie sich diesem Plunder wieder zu, und was sie von dem alten Unwesen in der Wirklichkeit nicht erreichen konnten, dessen erinnerten sie sich wenigstens mit unglaublicher Sehnsucht und Gemüthlichkeit. Eine gute Weile haben sie sich ihrer kaiserlich-päbstlichen Herrlichkeit erinnert, dann aber

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Arnold Ruge: Plan der deutsch-französischen Jahrbücher. In: Deutsch-Französische Jahrbücher. Bureau der Jahrbücher, Paris 1844, Seite 11. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Deutsch_Franz_Jahrb%C3%BCcher_(Ruge_Marx)_011.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)