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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

hat, dann tat das dieser jüdische Ödipus. Seine Gegnerschaft gegen die Juden und das Jüdische war anders als jede Gegnerschaft zuvor. Nur mit Grausen und Bewunderung können wir an ihr lernen, daß dem bösen Auge alles möglich ist und daß schlechthin gegensätzliche Begriffe alle gleich brauchbar sind, wofern der böse Blick sie verwenden will.

Es hat bedeutende Männer gegeben, die ihre Vorurteile gegen „Judaismus“ und „Semitismus“ aus gesunden Lebensgefühlen, aus ihrem deutschen Blute und deutschen Gemüte geschöpft haben. Für sie war der Jude und zumal der Judengott etwas Unheimliches. Er erschien ihnen bleich und abstrakt. Diabolisch blutleer. Ein kalter Logiker. Ein neidischer Giftmischer. Ein herzkahler Zorngott. Ein lähmender Moralist. „Jahwismus, Jehowismus, Monismus, Monotheismus“ . . . das waren die gewöhnlichen Schlagworte. Sie wurden auf das Schuldkonto des grauen Volkes gesetzt. Vielleicht auch hießen die Schlagworte: „Spiritualismus, Kritizismus, Idealismus, Rationalismus.“ Jedenfalls war der Gott des Grolls und der Galle der Feind und Mörder der schöneren Götterwelt Griechenlands und der verschollenen Wunder Germaniens. Jehova wurde bekämpft als „der Zerstörer der Gestalt“. Die folgerichtigen Judengegner bekämpften daher mit dem Judentum auch immer zugleich das Christentum, ja sie sahen im Juden-Christentum: das geheime Werkzeug zur Zwiespaltung in Seele und Leib und Zerstörung beider durch den Geist.

Ein außerweltlicher Moloch also hatte sich eingedrängt zwischen Sinnlichkeit und Gedanke, um Leib

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 82. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/82&oldid=- (Version vom 29.12.2019)