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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

oder auch nur kritisch gegen ihn standen, erschienen ihm als neidgeschwollene Nattern.

Er unterließ es, zu fragen, ob denn nicht auch er selber zahllosen Menschen ungerecht wehetat. „Ich verhandle nicht, ich exekutiere“, sagte er von seiner richterlichen Feder.

Es ist nun an der Zeit, von dem wunderlichen Standpunkt zu sprechen, den Hardens „Zukunft“ gegenüber Juden und Judenfrage einnahm.

Obwohl die besten jüdischen Köpfe jenes Zeitalters an der Zeitschrift mitarbeiteten, so war doch deren Einstellung fast immer „antisemitisch“. Um die Jahrhundertwende wurde unter den deutschen Juden eine Bewegung mächtig, die auf Assimilation, Mischehe und Massentaufe abzielte. Ein hoher Jurist, Eduard Simon, veröffentlichte eine weitverbreitete Broschüre „Gedanken eines Juden“, ein einflußreicher Beamter, der unter dem Namen Benediktus Levita schrieb, veröffentlichte in den „Preußischen Jahrbüchern“ einen Mahnruf an die Juden. Beide kamen hinaus auf das Bekenntnis, daß zwar die ältere Generation ihr Judesein nicht preisgeben dürfe, sondern noch eine Pflicht der Ehrfurcht zu hüten habe, welche verhindern müsse, daß die Religion um wirtschaftlicher Vorteile willen gewechselt werde. Dagegen sei nicht der mindeste Grund dafür ersichtbar, daß man auch die unmündigen Kinder noch weiter zwingen solle, im Judentume zu bleiben und sich von der Mehrzahl der Volksgenossen durch ein freiwilliges Ghetto zu unterscheiden.

Etwa um 1900 veröffentlichte Walter Rathenau in

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 188. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/188&oldid=- (Version vom 31.7.2018)