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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass

neuen Klage verwandelte sich Schritt für Schritt der Kläger in einen schwer belasteten Angeklagten, der überführt zusammenbrach, sich für den Rest seines Lebens auf sein Schloß Liebenberg in der Mark zurückzog und es nur dem Eingreifen des Kaisers verdankte, daß nicht ein Verfahren wegen Meineids gegen ihn anhängig gemacht werden konnte. Eine ganze Reihe Persönlichkeiten der Hofgesellschaft - die Grafen Hohenau, Lynar, Wedel, Moltke, Baron Wendelstaedt, der französische Botschaftsrat Lecomte - wurden durch die Hardenschen Prozesse aufs schwerste mitgenommen. So barock die Händel waren, so muß doch gesagt sein, daß Harden, der als machtloser Privatmann gegen die mächtigste Hofclique kämpfte, den Kampf, den er für nötig hielt, nicht nur klug, sondern mit einer eigentümlichen Grazie führte.

Max Bernstein, der bedeutende Münchener Rechtsanwalt, welcher Hardens Sache vertrat, erzählt: „Als ich Harden in einem Prozeß wegen Beleidigung des geisteskranken Königs Otto von Bayern vertreten sollte, wurde ein Lustspiel von mir aufgeführt, welches den Titel ‚Mädchenträume‘ führte. Harden fragte telegraphisch an, wie hoch meine Kostenforderung sei, und als ich meinen Anspruch zurücktelegraphierte, kam als Bescheid von Harden nur ein einziges Wort: ‚Mädchenträume‘.“ - Harden war immer bereit, Mann gegen Mann Genugtuung zu geben. Er stand für seine Behauptung mit dem ganzen Leben ein. Es war weder seine Absicht noch seine Schuld, daß durch die Prozesse ein sehr großer Kreis von Menschen bei Hofe und in der Armee schwer belastet ward. Auch gab er, obwohl sein

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Theodor Lessing: Der jüdische Selbsthass. Jüdischer Verlag, Berlin 1930, Seite 186. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_j%C3%BCdische_Selbstha%C3%9F.pdf/186&oldid=- (Version vom 31.7.2018)