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Hätte jener Sonderling dort in Südafrika ahnen können, was er mit seinem phantastischen Scherz, zwei Erben gleichzeitig einzusetzen und beiden durch James Gehrs Briefe schreiben zu lassen, die auf einen alten Gobelin als seine endgültige Willensäußerung hinwiesen und die von den Parteien sehr gegensätzlich gedeutet wurden, was er mit diesem Scherz anrichtete, der doch nur dem Bestreben entsprang, die beiden Saalfield-Linien durch Heloise und Lord Richard wieder zu vereinen, – hätte er James Gehrs nicht so blindlings vertraut und damit gerechnet, daß dieser als Nachlaßverwalter alles daran setzen würde, diese Verwaltung recht lange zu behalten, so wäre nie ein Riesenprozeß Saalfield kontra Saalfield entstanden, dann hätte es nie einen Fall „Gobelin“ gegeben, dann würden Sie, mein alter Freund, nie auf diesen schlüpfrigen Pfad geraten sein.“

Draußen erklangen Stimmen … Die Tür ging auf, – eine weinende Frau sank vor einem alten Manne in die Knie, – – man sagt, daß Reue nie zu spät kommt.

Unter meinen Notizen liegt ein Zettel, eine Abschrift dessen, was Robert Saalfield einst eigenhändig und versteckt in den Unterteil des Gobelins hineinstickte:

Ich bin ein einsamer Mann geblieben trotz meines Reichtums. Aber ich bin stolz auf den Namen, den ich trage und der drüben in der alten Heimat in zwei Teile gespalten ist. Mögen Richard und Heloise, deren Briefe mich allzeit erfreuen, unser Geschlecht durch eine glückliche Ehe wieder zu einer Linie vereinen, dann wird auch mein Erbe Euch allen zum Segen gereichen. Das ist mein Wunsch und Wille. – Gott mit Euch. – Robert Saalfield.

Ich habe mich oft gefragt, ob dieser Sonderling nicht doch in dem einen Punkte ein guter Menschenkenner war, daß er seinen Herzenswunsch mit dem geheimnisvollen

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 63. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/63&oldid=- (Version vom 31.7.2018)