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einstige Bildhaueratelier im Hofe dicht neben der Berkaer Straße am Kolberger Platz? Das Atelier wurde Hühnerstall. Im Hofe stehen noch allerlei Gipsabgüsse umher. Banks, der hier Vertreter einer englischen Autofirma sein will, hat die Bude gemietet und es sich dort ganz behaglich gemacht. Ich war einmal bei ihm und brachte ihm Käse. Man muß durch die Pforte des alten Bretterzauns in den Hof, und dann gelangt man in das Atelier. Sehr glanzvoll wirkt die Behausung nicht. Aber er soll noch einige Geschäftsräume in der Stadt haben.“

Harst blickte den Ziegenvater sinnend an. „Lieber Graf, diese Ihre Angaben beunruhigen mich. War es wirklich Banks, der heute hier bei Ihnen war?! Wem gaben Sie damals das Käsepaket ab?“

„Banks Schwester Heloise, glaube ich.“

„Blond?“

„Ja.“

Harst brauchte nicht weiter zu fragen. Es hatte geklopft, – eine junge Dame trat ein, sehr schick, sehr unauffällig-elegant, und Jaromir Zwancza rief: „Das ist Miß Heloise Banks.“

Heloise war in schrecklicher Verfassung. Sie taumelte in die Stube, fiel auf einen Schemel und starrte uns verstört an. „Herr Pagel schickt mich …“ Sie war ganz außer Atem. „Herr Pagel sagte mir, Sie beide wären hierher gegangen … Der Gobelin ist … weg, gestohlen …“ – Ihr Deutsch verriet die Engländerin, auch ihre großen Oberzähne waren durchaus britisch. „Ich bin Heloise Saalfield, die Tochter Lord Saalfields. In meiner Wohnung … liegt … ein Toter …“

Ihr Gesicht verzerrte sich vor Grauen.

„Wo wohnen Sie?“ fragte Harst gespannt.

„In dem Atelier am Kolberger Platz auf dem Hofe. Ich bin Schülerin Professor Huber’s, des Porträtmalers.

Empfohlene Zitierweise:
Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 17. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)