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Buden, mit Schilf gedeckt, mit Stroh und Heu und Pappe „angewärmt“, – der Garten war nur Hofraum für allerhand elenden Kram, ein riesiger Schäferhund bewachte Jaromirs Ziegen, und der Duft seiner Ziegenkäsefabrik drang bis auf den Weg – nebst anderen Düften.

Wir läuteten an der Zugglocke. Von Ansehen kannten wir diesen Menschenfeind längst. Nach dem Kriege war er irgendwo aus Galizien hier aufgetaucht. Man sagte, er sei russischer Spion gewesen und sei reich. Aber all das waren Gerüchte.

Der Hund bellte uns wütend an, Jaromir in seinem Hauskostüm schlurfte auf hohen Schmierstiefeln herbei, und die Sonne verbarg sich schleunigst.

Wenn man Zwancza mit einem kahlen Papagei vergleicht, so stimmt das. Er hatte eine blaurote ungeheure Hakennase, das übrige bartlose Gesicht waren nur Falten, – Augen, Mund, Kinn, fliehende Stirn und schwarze vereinzelte Haare auf dem Spitzschädel, eine ins Gelbliche schimmernde Hautfarbe, Bartstoppeln, eingesunkene Schläfen, trüber Blick, schlenkrige Bewegungen einer gebeugten, verhungerten Gestalt, schmierige Hände, Schlafrock, kein Kragen, Giraffenhals, – Original von bedenklicher Art.

„Was wollen Sie?!“ – Grob, rauh, – leicht gebrochen die Aussprache, finsteres Anstarren …

Harst musterte ihn lange, betrachtete die Stiefel, den zerlumpten Schlafrock …

„Haben Sie Zellensehnsucht, Herr Zwancza?“ fragte er und hatte nun den einen Ärmel als Ruhepunkt für seine Augen gewählt.

„Gehen Sie weg!“ sagte der Ziegenvater bissig. „Bei mir[1] gibt’s nichts zum Schnüffeln.“

„Irrtum. Sie werden uns einlassen, oder Sie sitzen noch heute in einer Zelle, Herr Zwancza.“ Er hob den Blick und schaute den dreckigen Kerl fest an. „Ich würde Ihnen den Ankauf einer Bürste empfehlen. Ihr Ärmel

  1. Vorlage: mir mir
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Max Schraut: Der alte Gobelin. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1929, Seite 12. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_alte_Gobelin.pdf/12&oldid=- (Version vom 31.7.2018)