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Mit fröhlichem Lachen zeigte sie uns ihre Beute, und dann ging sie daran, „klar Deck“ zu machen, um einen freien Platz für das Feuer zu schaffen. Wir halfen ihr nach unsern schwachen Kräften das lange Gras und die hohen Farnkräuter zu beseitigen; als dies geschehen war, suchte sie sich zwei dürre Aststücke, in deren einem ich ein Loch gewahrte. Darauf sammelte sie ein Häuflein trockner Blätter, Gräser und Zweige, kniete nieder, steckte das spitzige Ende des einen Holzstückes in das Loch des andern, setzte das Holz zwischen ihren Händen in schnelle, quirlende Bewegung, bis durch die Reibung zunächst ein dünner Rauch und schließlich eine kleine Flamme erzeugt wurde. Auf diese Weise zündete sie unser Bratfeuer an, ein Kunststück, das ich später oft selber versucht habe, das mir aber nie gelungen ist.

Inzwischen hatten Langfeld und ich unsre Messer zur Hand genommen und das Wild abgezogen und zerlegt, und gar bald zischten und bruzzelten einige saftige Fleischstücke an Zweigen als Bratspießen über dem Feuer. Jetzt lieh Diana sich mein Messer und verschwand damit im Dickicht. Nach einer kleinen Weile erschien sie wieder, einen großen, frisch ausgehöhlten Kürbis im Arm, den sie mit klarem kaltem Wasser gefüllt hatte.

Das Mahl mundete uns herrlich. Langfeld trank allerdings mehr als er aß; er klagte nicht, aber sein blasses, abgefallenes Antlitz, seine geröteten Backenknochen und der Fieberglanz seiner Augen verrieten, daß es hohe Zeit war, nach seinen Wunden zu sehen, wenn er nicht ernstlich erkranken und wohl gar hier im Walde liegen bleiben sollte.

Unsre Freundin sorgte jedoch, daß wir nicht in Trübsinn verfielen. Wie alle ihres Geschlechts, redete sie gern und viel, und so verwickelte sie uns bald in die lebhafteste Unterhaltung. Sie begann damit, sich uns gewissermaßen vorzustellen. Eben hatte sie einen Bissen Fleisch auf einen langen Dorn gespießt, als ihr diese Notwendigkeit wohl einfallen mochte. Sie hielt mit dem Essen inne, deutete auf sich und sagte: „Mono“; dann tippte sie Langfeld und mir auf die Brust und sagte: „Ingei“; „Ingei“.

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 80. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/84&oldid=- (Version vom 31.7.2018)