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und jeden mit größeren Qualen als den vorhergegangenen. Sehen Sie, jetzt hat er das erste Opfer gefunden.“

Der Priester stand vor einem der gefangenen Schwarzen und versetzte ihm mit dem Stabe einen leichten Schlag auf die Brust. Das war das Todesurteil. Der Unglückliche stieß ein jämmerliches Geschrei aus, denn vier Neger, das Gefolge des Priesters, warfen sich auf ihn, schnitten ihn von dem Baumstamm los und schleppten ihn zu dem Götzenbild, dessen Postament von dem Stumpf eines uralten Baumes gebildet wurde.

In der Zwischenzeit hatte man Mengen von Holz auf das Feuer geworfen, dessen Flammen nun gewaltig emporloderten. Bei dem roten Schein sah ich den Fetischmann in den Tempel gehen und gleich darauf mit einem aus Stein gefertigten Hammer in der Rechten und einigen großen Nägeln in der Linken wieder herauskommen. Auf seinen Wink packten die vier Henkersknechte den Verurteilten, rissen ihn rückwärts und den Kopf nach unten an den Baumstumpf heran und zerrten seine Arme und Beine, soweit es anging, wagerecht um den Stumpf herum. Dann trat der Priester herzu und nagelte die Gliedmaßen in dieser Lage an dem Stumpf fest.

Die Hornbläser und Trommler erhoben jetzt wieder ihr Getöse, das jedoch nicht imstande war, das Geschrei des Opfers zu übertönen. Der Priester aber brachte ein schwertartiges breites Messer zum Vorschein und begann damit unter wilden Körperverrenkungen und wahnwitzigen Gebärden um den Fetisch herumzutanzen, schneller, immer schneller; dabei stieß er, so oft er an dem Opfer vorbeisprang, das breite Messer in den Leib desselben, wobei er jedoch vermied, den Unglücklichen tödlich zu treffen. Endlich, als seine Tobsucht auf’s höchste gestiegen war und ich kaum noch erkennen konnte, ob er sich auf dem Kopfe oder auf den Füßen herumschnellte, da flammte die mörderische Klinge in dem Feuerschein blitzartig auf, und der abgeschlagene Kopf des Opfers rollte am Boden.

Die Priesterknechte hoben ihn auf und nagelten ihn ebenfalls an den Stumpf.

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 75. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/79&oldid=- (Version vom 31.7.2018)