Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Man hatte die Fahrzeuge in einer etwas gebogenen Linie quer über den Creek gelegt, mit den Vordersteven nach Osten gerichtet, die Brigg vornan, der Schoner in der Mitte und die Brigantine zuletzt in der Linie. Ihre Breitseiten beherrschten somit den ganzen Creek in der Richtung, aus der wir herankamen, und konnten auf jeden Punkt darin konzentriert werden.

„Hurra!“ rief Leutnant Langfeld und zog den Säbel, „da haben wir sie! Vorwärts, drauflos! Ich nehme die Brigg; Sie Collins, packen die Brigantine und Burke macht sich an den Schoner! Und nun, Jungens, macht die Schultern krumm und rojt, daß die Dollen knacken, ist die Barkasse zuerst da, dann gibt’s Grog für alle Mann!“

Und fort ging’s; die starken eschenen Remen bogen sich, als wollten sie brechen, und mit lautem Gebrause schäumte das Wasser am Buge empor. Die beiden Kutter rasten mit gleicher Schnelligkeit auf den Feind zu.

Wir waren den andern um eine halbe Bootlänge voraus und noch sechzig Schritt von der Brigg entfernt, da hörten wir das Kommando „Feuer!“ und im nächsten Moment entsandten die Breitseiten sämtlicher Schiffe unter furchtbarem Donnergekrach ihren Eisenhagel gegen uns. Die Geschosse flogen über uns hinweg und schlugen rings um uns ins Wasser, so daß die Spritzer uns wie ein Platzregen durchnäßten, aber merkwürdigerweise erlitten wir keinen Schaden.

Ehe die Geschütze wieder geladen werden konnten, waren wir langseit, und dann entspann sich ein Handgemenge, wie ich ein ähnliches auf allen meinen späteren Fahrten nie wieder erlebt habe. Als die Barkasse unterhalb der Großrüst an die Schiffsseite rührte, warf jeder seinen Remen ins Boot, zog sein Entermesser und sprang in die Rüst empor. Hier fanden unsre braven Leute, in der Mehrzahl Deutsche, jedoch einen so gewaltigen Widerstand, daß es ihnen nicht gelang, festen Fuß zu fassen; kaum hatten sie sich hinaufgeschwungen, da stürzten sie, getroffen von Piekenstößen, Pistolenkugeln und Säbelhieben wieder in die Barkasse zurück.

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 62. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/66&oldid=- (Version vom 31.7.2018)