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Wir rojten an Land, das erlegte Wild wurde ins Boot geschafft und in den Sternschotten niedergelegt, und da in der Nähe einige Bananenbäume mit reifen Früchten standen, ließ der Leutnant auch drei Bunde von diesen, an deren jedem ein Mann vollauf zu schleppen hatte, abschneiden und ins Boot bringen.

Die dunkler werdenden Schatten gemahnten uns daran, daß die Sonne im Sinken war. Wir machten uns daher auf den Rückweg und erreichten den Kongo ungefähr eine halbe Stunde vor Sonnenuntergang. Shark Point, oder vielmehr die Wipfellinie der Mangroven, die auf dieser Landzunge wuchsen, war in einer Entfernung von guten elf Meilen am Horizont sichtbar, es galt daher jetzt Eile.

Da inzwischen die Ebbe eingetreten war, hatten wir die Strömung mit uns, auch der Landwind hatte sich aufgemacht, und so wurden die Remen eingelegt, der Mast aufgerichtet und das Segel gesetzt, und nach wenigen Minuten rauschten wir mit einer Fahrt von zehn Knoten den Strom hinab.

Die Sonne sank in einer überwältigenden Pracht von feurigem Purpur, Karmesin und Gold unter den Horizont, als wir noch fünf Seemeilen von Shark Point entfernt waren, und zehn Minuten später umgab uns Nacht, die herrliche Nacht der Tropen in all ihrer hehren Schönheit. Am Firmament zeigte sich keine Wolke, eine niedrige Bank über der westlichen Kimmung ausgenommen, und zahllose glitzernde Kleinode funkelten aus dem samtenen Blauschwarz des Himmelsgewölbes hernieder. Ich erinnere mich nicht, jemals vorher oder nachher soviel der kleinen und kleinsten Gestirne gesehen zu haben; die größeren und die Planeten strahlten mit einem Glanz hernieder, der auf der leichtbewegten Flut in langen Streifen silbernen Lichtes widergespiegelt wurde.

Das viereckige, an einer Rahe befestigte Lugsegel des Bootes, das sich bisher wie ein dunkler Fleck von dem Sternenhimmel abgehoben hatte, begann auf einmal schnell heller und immer heller zu werden, bis es in gelber Beleuchtung erschien, durchkreuzt von dem ebenholzschwarzen

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 20. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/22&oldid=- (Version vom 31.7.2018)