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eine Kuh; ihr glattes, schimmerndes Fell war von einem hellen Schokoladenbraun, der Bauch und die Innenseiten der Schenkel ausgenommen, die schneeweiß waren; lange, geschweifte Hörner schmückten den Kopf.

Leutnant Austin streckte soeben vorsichtig die Hand nach dem neben ihm liegenden Gewehr aus, da rauschte unmittelbar vor der Antilope das Wasser schäumend auf, und blitzschnell, ehe das Tier noch eine Bewegung zu seiner Rettung machen konnte, hatte ein großes Krokodil es an einem der Vorderbeine ergriffen und begann es ruckweise in das tiefere Wasser zu ziehen. Obgleich die meuchlings überrumpelte Antilope sich stark im Nachteil befand, versuchte sie dennoch, sich nach Kräften zu wehren; sie führte mit den spitzen Hörnern Stoß auf Stoß gegen den greulichen Feind und stemmte sich mit den freien drei Beinen kräftig gegen das Zerren des Untiers.

„Vorwärts, Leute!“ rief der Leutnant. „Anrojen! Rammt die Bestie mit dem Steven! Ihr, Bugmann, legt den Remen ins Boot und geht ihr mit dem Bootshaken zu Leibe; trefft sie ins Gelenk unter dem Vorderarm, wenn Ihr könnt, da ist sie am kitzlichsten.“

Die Matrosen rojten aus Leibeskräften. Nach wenigen Sekunden schon rannte das Boot mit dumpfem Krach gegen das Krokodil an, das sich jedoch aus dem gewaltigen Stoß nicht das mindeste zu machen schien. Es hatte die Antilope so weit mit sich gezerrt, daß das Wasser dieser bereits bis an den Bauch ging.

„Streichen überall!“ rief Mr. Austin, der jetzt mit dem Gewehr in den Händen aufrecht in den Sternschoten stand. „Gebt’s ihm mit dem Bootshaken, Ben, stoßt tüchtig zu! So, das war gut – nun nochmal – das Biest muß loslassen – bravo!“

Das Krokodil hatte seine Beute fahren gelassen und war im Wasser verschwunden. Kaum fühlte die Antilope sich frei, da drehte sie sich herum und sprang auf drei Beinen dem Ufer zu, das vierte war oberhalb des Kniegelenkes zerbrochen. Allein noch hatte das Tier keine zwei Schritte auf dem Lande getan, als es, von des Leutnants Kugel getroffen, tot niederstürzte.

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 19. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/21&oldid=- (Version vom 31.7.2018)