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aus dem Nebel heraus und gewahrten nun, daß wir nördlich von der Flußmündung längs der Küste hinkrochen und die Brigg eine halbe Seemeile vor uns hatten und zwar unter aller Leinwand, die sie der auffrischenden Landbrise entgegenbreiten konnte.

Kapitän Vernon gab das Kommando „Klar zum Gefecht“, jeder eilte auf seinen Posten. Die Flagge stieg zur Piek der Gaffel empor und ein Schuß krachte hinter der fliehenden Brigg her, als höfliche Aufforderung, beizudrehen. Eine große Aufregung hatte sich meiner bemächtigt, denn mir allein war es zuzuschreiben, daß man in dieser schroffen Weise gegen das Fahrzeug vorging. Sollte es sich herausstellen, daß es tatsächlich das französische Kriegsschiff war, für das es sich ausgegeben, dann mußten unserm Skipper böse Verlegenheiten daraus erwachsen. Mir fiel daher eine große Last vom Herzen, als eine Kanonenkugel an uns vorüberpfiff, mit der die Brigg unsern Schuß beantwortete.

Auch der Kapitän atmete erleichtert auf.

„Gut!“ rief er. „Sie hat scharf auf uns geschossen und weigert sich, ihre Flagge zu zeigen. Jetzt weiß ich, was ich zu tun habe. Feuern Sie noch einmal und zielen Sie auf ihre Stengen; wenn wir sie nicht flügellahm schießen, dann läuft sie uns davon.“

Collins hatte das Kommando der Bugbatterie. Er gab persönlich einige Schüsse ab, durchlöcherte auch einige Segel der Brigg, richtete aber sonst keinen Schaden an. Die feindlichen Kanoniere zeigten mehr Geschick, denn nach wenigen Schüssen von dorther stürzte unsre Vor-Reuelstenge nach Lee hinüber.

Der Skipper stampfte wütend das Deck.

„Hinauf da, klart die Havarie!“ rief er: „Und Sie, Collins, schießen Sie um Gotteswillen dem Kerl ein Rundholz weg! In zehn Minuten ist er aus Schußweite und dann können wir uns das Maul wischen! Ich wollte, unsre Schiffbauer daheim gingen bei den Leuten in die Lehre, die diese Sklavenfahrer vom Stapel lassen, dann könnten wir vielleicht gelegentlich auch mal eine Prise machen!“

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 136. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/144&oldid=- (Version vom 31.7.2018)