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voraus war, ehe sie in einem schnell heraufziehenden dichten Nebel verschwand. Das war ärgerlich. Der Wind war zu einer Fünfknotenbrise abgeflaut, der „Wolf“ hatte während der letzten Stunden immer mehr Vorsprung gewonnen, und nun, wo sich Aussicht zeigte, die Brigg endlich zu überholen, spielte der Nebel uns diesen Streich.

Der Kapitän berief den ersten und zweiten Leutnant zu einer Beratung; man beschloß, scharf anzubrassen und in kurzen Schlägen östlich aufzukreuzen, bis der Nebel wieder schwinden würde, da es höchst wahrscheinlich erschien, daß die Brigg ebenfalls einen entgegengesetzten Kurs einschlagen würde, hoffend, daß wir ihr im Nebel vorbeiliefen.

Wir waren eben zum drittenmal über Stag gegangen, da erscholl der Ruf:

„Segel ho! Gerade voraus! Ruder auf, oder wir rennen ihn um!“

Mr. Austin, der die Wache hatte, sprang auf das nächste Geschütz und lugte über die Verschanzung nach vorn.

„Hart Backbord!“ schrie er den Rudersmann zu, „hart Backbord!“ Dann, nach einem Moment atemloser Spannung, sagte er: „Bei einem Haar! Wir sind soeben klar gekommen, und auch nur soeben! By Jove, Wetter, haben Sie gesehen, wie dicht? – Aber das ist doch der „Vampyr?“ Natürlich! „Vampyr“ ahoi!“

„Hallo!“ kam die Antwort von dem Gegensegler, der kein andrer war als die Brigg, der wir begegneten, als wir zum erstenmal die Kongomündung untersucht hatten und die uns als die französische Kriegsbrigg „Vampyr“ bezeichnet worden war.

„Haben Sie heut ein Segel irgendwelcher Art gesichtet?“ fragte Austin.

Non M’sieur; Ihr Schiff ist das erste, das uns begegnet, seit wir vor vier Wochen Sierra Leone verließen.“

Damit endete die Unterhaltung zwischen den beiden Schiffen; der „Vampyr“ – oder was es sonst war – verschwand wieder im Nebel, noch ehe die Antwort ganz ausgesprochen war.

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Friedrich Meister: Der Vampyr. Verlag Abel und Müller, Leipzig 1911, Seite 125. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Vampyr.pdf/131&oldid=- (Version vom 31.7.2018)