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werden, setzte der Zug sich unter Vortritt des Knaben nach dem Hauptgebäude hin in Bewegung.

Dieses bildete ein Quadrat von etwa vierzehn Meter Seitenlänge und bestand aus einer einzigen Halle, die lediglich durch Säulenreihen in verschiedene besondere Räume abgeteilt war. An der einen Wand erhob sich in der Mitte ein Altar aus poliertem, dunklem Holz, in das die prächtigsten Verzierungen aus leider jetzt stark gelb gewordenem Elfenbein eingelassen waren. Auf dem Altar standen noch die mannigfachsten Tempelgeräte aus einem schwarzbraunen Metall, während zu beiden Seiten an der Wand eine Art von Teppichen mit eingesticktem Bildschmuck hingen. Diese Zeichnungen stellten Szenen aus dem religiösen Leben irgend eines uralten Kulturvolles dar.

In dem schmalen, langen Raume links von dem Hauptschiff des Tempels – denn daß es sich um einen solchen handelte, mußte auch jeder Laie sofort erkennen! – gab es noch weit seltsamere Überraschungen. Hier lagen auf niedrigen Ruhebetten fünf in altertümliche Gewänder gekleidete, vollkommen zu Mumien ausgetrocknete Leichen, fraglos die letzten Priester, die hier ihres Amtes gewaltet hatten, bevor irgend ein Naturereignis sie gleichzeitig hinweggerafft und den Tempel unter dem Sande hatte verschwinden lassen.

Ferner fand sich hier auch ein kleines, abgeteiltes Gelaß vor, das ohne Zweifel als Küche und Vorratsraum gedient hatte. Hier standen noch verschiedene hohe Krüge, deren Deckel mit Wachs luftdicht verschlossen waren. Sie enthielten Olivenöl, das sich wunderbar gehalten hatte. Weiter aber lagen hier auf Wandbrettern steinhart gewordene Brote, ferner in weitbauchigen Gefäßen völlig zusammengetrocknete, verschrumpelte Fleischstücke und anderes mehr.

Doktor Pinkmüller nahm all dies sehr genau in Augenschein, schwieg aber zunächst noch, obwohl man ihm anmerkte, daß er sich bereits klar darüber war, aus welcher Kulturepoche dieser Tempel stammte.

Die nach Süden zu liegende doppelflügelige Holztür des Gebäudes, zu dem als Material ausschließlich Steine

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W. Belka: Der Tempel Salomonis. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 10. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Tempel_Salomonis.pdf/11&oldid=- (Version vom 31.7.2018)