Seite:Der Stechlin (Fontane) 461.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

     „Nu ja, nu ja. Das liegt aber doch zurück.“

     „Wer keusch ist, bleibt keusch.“

     „Meinst du das ernsthaft?“

     „Natürlich mein’ ich es ernsthaft. Über solche Dinge spaß’ ich überhaupt nicht.“

     Und nun lachte Adelheid herzlich und sagte: „Dubslav, was hast du nur wieder für Bücher gelesen? Denn aus dir selbst kannst du doch so was nicht haben. Und von deinem Pastor Lorenzen auch nicht. Der wird ja wohl nächstens ’ne ‚freie Gemeinde‘ gründen.“

     So war der erste Tag dahingegangen. Alles in allem, trotz kleiner Ärgerlichkeiten, unterhaltlich genug für den Alten, der, unter seiner Einsamkeit leidend, meist froh war, irgend einen Plauderer zu finden, auch wenn dieser im übrigen nicht gerade der richtige war. Aber das alles dauerte nicht lange. Die Schwester wurde von Tag zu Tag rechthaberischer und herrischer und griff unter der Vorgabe, „daß ihr Bruder anders verpflegt werden müsse“, in alles ein, auch in Dinge, die mit der Verpflegung gar nichts zu thun hatten. Vor allem wollte sie ihm den Katzenpfötchenthee wegdisputieren, und wenn abends die kleine Meißener Kanne kam, gab es jedesmal einen erregten Disput über die Buschen und ihre Hexenkünste.

     So waren denn noch keine acht Tage um, als es für Dubslav feststand, daß Adelheid wieder fort müsse. Zugleich sann er nach, wie das wohl am besten zu machen sei. Das war aber keine ganz leichte Sache, da die „Kündigung“ notwendig von ihr ausgehen mußte. So wenig er sich aus ihr machte, so war er doch zu sehr Mann der Form und einer feineren Gastlichkeit, als daß er’s zuwege gebracht hätte, seinerseits auf Abreise zu dringen.

     Es war um die vierte Stunde, das Wetter schön,

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 461. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_461.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)