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auch ein gehorsamer Kranker. Nun will ich aber bloß noch wissen, was Ihr mir da in Euern Tüten schicken wollt, in der weißen und in der blauen. Is doch kein Geheimnis?“

     „Nei, jnäd’ger Herr.“

     „Na also.“

     „In de witte Tüt’ is Bärlapp un in de blue Tüt’ is, wat de Lüd’ hier Katzenpoot nennen.“

     „Versteh’, Versteh’,“ lächelte Dubslav, und dann sprach er wie zu sich selbst: „Nu ja, nu ja, das kann schon helfen. Dazwischen liegt eigentlich die ganze Weltgeschichte. Mit Bärlapp zum Einstreuen fängt die süße Gewohnheit des Daseins an und mit Katzenpfötchen hört es auf. So verläuft es. Katzenpfötchen… die gelben Blumen, draus sie die letzten Kränze machen… Na, wir wollen sehn.“

* * *

     An demselben Abend kam Agnes und brachte die beiden Tüten, und es geschah, was beinah’ über alles Erwarten hinaus lag: es wurde wirklich besser. Die Geschwulst schwand, und Dubslav atmete leichter. „Dat Woater nimmt dat Woater“, an diesem Hexenspruch, – den er, wenn er mit Engelke plauderte, gern citierte, – richteten sich seine Hoffnungen und seine Lebensgeister wieder auf. Er war auch wieder für Bewegung und ließ, wenn es das Wetter irgendwie gestattete, seinen Rollstuhl nicht bloß auf die Veranda hinausschieben, sondern fuhr auch um das Rundell herum und sah dem kleinen Springbrunnen zu, der wieder sprang. Ja, es kam ihm vor, als ob er höher spränge. „Findest du nich auch, Engelke? Vor vier Wochen wollt’ er nich. Aber es geht jetzt wieder. Alles geht wieder, und es ist eigentlich dumm, ohne Hoffnung zu leben; wozu hat man sie denn?“

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 445. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_445.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)