Seite:Der Stechlin (Fontane) 337.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

     „Schade,“ sagte Dubslav. „Aber trotzdem, – wenn überhaupt erzählbar…“

     „O, gewiß, gewiß; das denkbar Harmloseste…“

     „Nun denn, lieber Superintendent, wenn wirklich so harmlos, so mach’ ich mich ohne weiteres zum Anwalt unsrer gewiß neugierigen Damen, meine Schwester, die Domina, mit eingeschlossen. Wie war es? Wie verlief die Geschichte, für die sich eine kaiserliche Hoheit so lebhaft interessieren konnte?“

     „Nun wenn es denn sein soll,“ nahm Koseleger langsam und wie bloß einer Pression nachgebend, das Wort, „es lebte da zu jener Zeit eine schöne Herzogin in London, die’s nicht ertragen konnte, daß die Jahre nicht spurlos an ihr vorübergehen wollten; Fältchen und Krähenfüße zeigten sich. In dieser Bedrängnis hörte sie von ungefähr von einer ‚plastischen Künstlerin‘, die durch Auftrag einer Wachspaste die Jugend wieder herzustellen wisse. Diese Künstlerin wurde gerufen, und die Wiederherstellung gelang auch. Aber nun traf eines Tages die Rechnung ein, ‚die Bill‘, wie sie da drüben sagen. Es war eine Summe, vor der selbst eine Herzogin erschrecken durfte. Und da die Künstlerin auf ihrer Forderung beharrte, so kam es zu dem angedeuteten Prozeß, der sich alsbald zu einer cause célèbre gestaltete.“

     „Sehr begreiflich,“ versicherte Dubslav, und Melusine stimmte zu.

     „Zahlreiche Personen traten in der Verhandlung auf, und als Sachverständige wurden zuletzt auch Konkurrentinnen aus diesem Spezialgebiete der ‚plastischen Kunst‘ vernommen. Alle fanden die Forderung erheblich zu hoch und der Sieg schien sich rasch der Herzogin zuneigen zu wollen. Aber in eben diesem Augenblicke trat die sich arg bedrängt sehende Künstlerin an den Vorsitzenden des Gerichtshofes heran und bat ihn, an die erschienenen Fachgenossinnen einfach die Frage nach der Dauer der durch

Empfohlene Zitierweise:
Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 337. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_337.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)