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damit kommt man am weitesten. Was wir da jetzt hier erleben, das ist auch solch Haberfeldtreiben, ein Stück Fehme.“

     „Nur keine heilige.“

     „Nein,“ sagte die Baronin, „keine heilige. Die Fehme war aber auch nicht immer heilig. Habe mir da neulich erst den Götz wieder angesehn, bloß wegen dieser Scene. Die Poppe beiläufig vorzüglich. Und der schwarze Mann von der Fehme soll im Urtext noch viel schlimmer gewesen sein, so daß man es (Goethe war damals noch sehr jung) eigentlich kaum lesen kann. Ich würde mir’s aber doch getrauen. Und nun wend’ ich mich an unsre Herren, die dies difficile Kampffeld, ich weiß nicht ritterlicher- oder unritterlicherweise, mir ganz allein überlassen haben. Dr. Wrschowitz, wie denken Sie darüber?“

     „Ich denke darüber ganz wie gnädige Frau. Was wir da lesen wie Runenschrift… nein, nicht wie Runenschrift… (Wrschowitz unterbrach sich hier mißmutig über sein eignes Hineingeraten in’s Skandinavische) – was wir da lesen in Briefen vom Hofe, das ist Krittikk. Und weil es Krittikk ist, ist es gutt. Mag es auch sein Mißbrauch von Krittikk. Alles hat Mißbrauch. Gerechtigkeit hat Mißbrauch, Kirche hat Mißbrauch, Krittikk hat Mißbrauch. Aber trotzdem. Auf die Fehme kommt es an, und das große Messer muß wieder stecken im Baum.“

     „Brrr,“ sagte Czako, was ihm einen ernsten Augenaufschlag von Wrschowitz eintrug. –

     Als man sich nach einer halben Stunde von Tisch erhoben hatte, wechselte man den Raum und begab sich in das Damenzimmer zurück, weil der alte Graf etwas Musik hören und sich von Armgards Fortschritten überzeugen wollte. „Dr. Wrschowitz hat vielleicht die Güte, dich zu begleiten.“

     So folgte denn ein Quatremains und als man damit aufhörte, nahm der alte Barby Veranlassung, seiner

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 301. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_301.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)