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nicht wahr haben, daß die Frische von ihnen ausgegangen sei. Jeder, der was davon versteht…“

     „Ja, Baron, das is es eben. Wer was davon versteht! Aber wer versteht was davon? Ich jedenfalls nicht.“

     Unter diesen Worten war man, vom „Prinzregenten“ aus, die Hauptstraße hinuntergeschritten und über eine kleine Brücke fort erst in den Schloßhof und dann in den Park eingetreten. Der See plätscherte leis. Kähne lagen da, mehrere an einem Steg, der von dem Kiesufer her in den See hineinlief. Ein paar der Herren, unter ihnen auch Dubslav, schritten die ziemlich wacklige Bretterlage hinunter und blickten, als sie bis ans Ende gekommen waren, wieder auf die beiden Schloßflügel und ihre kurzabgestumpften Türme zurück. Der Turm rechts war der, wo Kronprinz Fritz sein Arbeitszimmer gehabt hatte.

     „Dort hat er gewohnt,“ sagte von der Nonne. „Wie begrenzt ist doch unser Können. Mir weckt der Anblick solcher Fridericianischen Stätten immer ein Schmerzgefühl über das Unzulängliche des Menschlichen überhaupt, freilich auch wieder ein Hochgefühl, daß wir dieser Unzulänglichkeit und Schwäche Herr werden können. Tod, wo ist dein Stachel, Hölle, wo ist dein Sieg? Dieser König. Er war ein großer Geist, gewiß; aber doch auch ein verirrter Geist. Und je patriotischer wir fühlen, je schmerzlicher berührt uns die Frage nach dem Heil seiner Seele. Die Seelenmessen – das empfind’ ich in solchem Augenblicke – sind doch eine wirklich trostspendende Seite des Katholizismus, und daß es (selbstverständlich unter Gewähr eines höchsten Willens) in die Macht Überlebender gelegt ist, eine Seele frei zu beten, das ist und bleibt eine große Sache.“

     „Nonne,“ sagte Molchow, „machen Sie sich nicht komisch. Was haben Sie für ’ne Vorstellung vom lieben

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 241. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_241.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)