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de Deus, da gab es eine Landestrauer, und alle Schulen in der Hauptstadt waren geschlossen, und die Minister und die Leute vom Hof und die Gelehrten und die Handwerker, alles folgte dem Sarge dicht gedrängt, und die Fabrikarbeiterinnen hoben schluchzend ihre Kinder in die Höh’ und zeigten auf den Toten und sagten: Un Santo, un Santo. Und sie thaten so und sagten so, weil er für die Armen gelebt hatte und nicht für sich.‘““

     „Das ist schön,“ sagte Melusine.

     „Ja, das ist schön,“ wiederholte Woldemar, „und ich darf hinzusetzen, in dieser Geschichte haben Sie nicht bloß den Joao de Deus, sondern auch meinen Freund Lorenzen. Er ist vielleicht nicht ganz wie sein Ideal. Aber Liebe giebt Ebenbürtigkeit.“

     „Und so schlag’ ich denn vor,“ sagte die Baronin, „daß wir den mit dem C, dessen Name mir übrigens noch einfallen wird, vorläufig absetzen und statt seiner den neuen mit dem D leben lassen. Und natürlich unsern Lorenzen dazu.“

     „Ja, leben lassen,“ lachte Woldemar. „Aber womit? worin? Les jours de fête…“ und er wies auf das Eierhäuschen zurück.

     „In dieser Notlage wollen wir uns helfen, so gut es geht, und uns statt andrer Beschwörung einfach die Hände reichen, selbstverständlich über Kreuz; hier: erst Stechlin und Armgard und dann Melusine und ich.“

     Und wirklich, sie reichten sich in heiterer Feierlichkeit die Hände.

     Gleich danach aber traten die beiden alten Herren an die Gruppe heran, und der Baron sagte: „Das ist ja wie Rütli.“

     „Mehr, mehr. Bah, Freiheit! Was ist Freiheit gegen Liebe!“

     „So, hat’s denn eine Verlobung gegeben?“

     „Nein… noch nicht,“ lachte Melusine.

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 202. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_202.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)