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nicht aufkommen, und so ließ er es geschehen, daß Jeserich ihn bei dem alten Grafen meldete.

     „Der Herr Graf lassen bitten.“

     Und nun trat Woldemar in das Zimmer des wieder mal von Neuralgie Geplagten ein, der ihm, auf einen dicken Stock gestützt, unter freundlichem Gruß entgegenkam.

     „Aber Herr Graf,“ sagte Woldemar und nahm des alten Herrn linken Arm, um ihn bis an seinen Lehnstuhl und eine für den kranken Fuß zurechtgemachte Stellage zurückzuführen. „Ich fürchte, daß ich störe.“

     „Ganz im Gegenteil, lieber Stechlin. Mir hoch willkommen. Außerdem hab’ ich strikten Befehl, Sie, coûte que coûte, festzuhalten; Sie wissen, Damen sind groß in Ahnungen, und bei Melusine hat es schon geradezu was Prophetisches.“

     Woldemar lächelte.

     „Sie lächeln, lieber Stechlin, und haben recht. Denn daß sie nun schließlich doch gegangen ist (natürlich zu den Berchtesgadens), ist ein Beweis, daß sie sich und ihrer Prophetie doch auch wieder einigermaßen mißtraute. Aber man ist immer nur klug und weise für andre. Die Doktors machen es ebenso; wenn sie sich selber behandeln sollen, wälzen sie die Verantwortung von sich ab und sterben lieber durch fremde Hand. Aber was sprech’ ich nur immer von Melusine. Freilich, wer in unserm Hause so gut Bescheid weiß wie Sie, wird nichts Überraschliches darin finden. Und zugleich wissen Sie, wie’s gemeint ist. Armgard ist übrigens in Sicht; keine zehn Minuten mehr, so werden wir sie hier haben.“

     „Ist sie mit bei der Baronin?“

     „Nein, Sie dürfen sie nicht so weit suchen. Armgard ist in ihrem Zimmer, und Doktor Wrschowitz ist bei ihr. Es kann aber nicht lange mehr dauern.“

     „Aber ich bitte Sie, Herr Graf, ist die Comtesse krank?“

     „Gott sei Dank, nein. Und Wrschowitz ist auch kein

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: F. Fontane, 1899, Seite 161. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_161.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)