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wollen, daß wir in einem Stift, einem Kloster sind… und so meine ich denn, der Ort, an dem wir leben, gibt uns doch auch ein Recht und eine Weihe.“

     „Kein Zweifel. Und ich muß nachträglich die Bedenken Ihres Herrn Bruders als irrtümlich anerkennen. Aber wenn ich mich so ausdrücken darf, ein kleidsamer Irrtum… Auf das Wohl Ihres Herrn Bruders.“

     Damit schloß das etwas diffizile Zwiegespräch, dem alle mit einiger Verlegenheit gefolgt waren. Nur nicht die Schmargendorf. „Ach,“ sagte diese, während sie sich halb in den Vorhängen versteckte, „wenn wir von dem Wein trinken, dann hören wir auch immer dieselbe Geschichte. Die Domina muß sich damals sehr über den alten Herrn von Stechlin geärgert haben. Und doch hat er eigentlich recht; schon der bloße Name stimmt ernst und feierlich, und es liegt was drin, das einem Christenmenschen denn doch zu denken giebt. Und gerade wenn man so recht vergnügt ist.“

     „Darauf wollen wir anstoßen,“ sagte Czako, völlig im Dunkeln lassend, ob er mehr den Christenmenschen oder den Ernst oder das Vergnügtsein meinte.

     „Und überhaupt,“ fuhr die Schmargendorf fort, „die Weine müßten eigentlich alle anders heißen, oder wenigstens sehr, sehr viele.“

     „Ganz meine Meinung, meine Gnädigste,“ sagte Czako. „Da sind wirklich so manche… Man darf aber andrerseits das Zartgefühl nicht überspannen. Will man das, so bringen wir uns einfach um die reichsten Quellen wahrer Poesie. Da haben wir beispielsweise, so ganz allgemein und bloß als Gattungsbegriff, die ‚Milch der Greise‘ – zunächst ein durchaus unbeanstandenswertes Wort. Aber alsbald (denn unsre Sprache liebt solche Spiele) treten mannigfache Fort- und Weiterbildungen, selbst Geschlechtsüberspringungen an uns heran, und ehe wir’s uns versehen, hat sich

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin: , 1899, Seite 116. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_116.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)