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     „Ein Unglück, Herr von Stechlin. Wer mit sich reden läßt, ist nicht stramm, und wer nicht stramm ist, ist schwach. Und Schwäche (die destruktiven Elemente haben dafür eine feine Fühlung), Schwäche ist immer Wasser auf die Mühlen der Sozialdemokratie.“

     Die vier andern der kleinen Tafelrunde waren im Gartensalon zurückgeblieben, hatten sich aber auch zu zwei und zwei zusammengethan. In der einen Fensternische, so daß sie den Blick auf den mondbeschienenen Vorplatz und die draußen auf der Veranda auf und ab schreitenden beiden Herren hatten, saßen Lorenzen und Frau von Gundermann. Die Gundermann war glücklich über das Tete-a-Tete, denn sie hatte wegen ihres jüngsten Sohnes allerhand Fragen auf dem Herzen oder bildete sich wenigstens ein, sie zu haben. Denn eigentlich hatte sie für gar nichts Interesse, sie mußte bloß, richtige Berlinerin, die sie war, reden können.

     „Ich bin so froh, Herr Pastor, daß ich nun doch einmal Gelegenheit finde. Gott, wer Kinder hat, der hat auch immer Sorgen. Ich möchte wegen meines Jüngsten so gerne mal mit Ihnen sprechen, wegen meines Arthur. Rudolf hat mir keine Sorgen gemacht, aber Arthur. Er ist nun jetzt eingesegnet, und Sie haben ihm, Herr Prediger, den schönen Spruch mitgegeben, und der Junge hat auch gleich den Spruch auf einen großen weißen Bogen geschrieben, alle Buchstaben erst mit zwei Linien nebeneinander und dann dick ausgetuscht. Es sieht aus wie ’n Plakat. Und diesen großen Bogen hat er sich in die Waschtoilette geklebt, und da mahnt es ihn immer.“

     „Nun, Frau von Gundermann, dagegen ist doch nichts zu sagen.“

     „Nein, das will ich auch nicht. Eher das Gegenteil. Es hat ja doch was Rührendes, daß es einer so ernst nimmt. Denn er hat zwei Tage dran gesessen. Aber wenn solch junger Mensch es so immer liest, so gewöhnt

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Theodor Fontane: Der Stechlin. Berlin 1899, Seite 45. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Stechlin_(Fontane)_045.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)