Seite:Der Schwindel der Schlangenbeschwörer.pdf/3

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.
Walther Kabel: Der Schwindel der Schlangenbeschwörer (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5)

in eine Schale voll Milch, auf deren Oberfläche sich kleine Tropfen einer öligen, strohgelben Flüssigkeit zeigten. Forrers Bekannter holte ein junges Huhn, brachte ihm eine geringfügige Schenkelwunde bei und bestrich die blutende Stelle mit der gelblichen Flüssigkeit. Das Huhn starb nach zehn Minuten unter Vergiftungserscheinungen.

„Und doch,“ schreibt Dr. Forrer, „konnte ich meinen Bekannten bald überzeugen, daß er von den beiden Indern getäuscht worden war. Wir luden einige Freunde ein, die den Gauklern scharf auf die Finger sehen sollten, und bestimmten die gleichen „Beschwörer“, in einem anderen Garten nach Schlangen zu fahnden. Die Inder – völlig ahnungslos – hatten, soweit wir sehen konnten, nur ihre Flöten bei sich, die Suche im Garten begann, und bald entdeckte einer der Gaukler in einem Erdloch das Gesuchte. Er zog die Schlange heraus und schleuderte sie auf den Boden. Nach Aussage der Diener hauste in der Erdhöhle unter einem Baum eine große Kobra. Das Loch war vorhanden. Der Gaukler spielte eine Weile auf seiner Flöte und griff dann mit bloßem Arm in die Höhle. Überrascht und erschreckt traten die Umstehenden zur Seite, als er eine riesige Kobra hervorzog, die sich wütend krümmte und drohend zischte. Er ließ sie fahren, worauf sie sich aufrichtete und wütend nach ihm züngelte. Dann packte er sie im Nacken, drückte sie mit einem Gabelholz zu Boden und zerstörte ihr mit einem Tuche die Giftzähne. Freigelassen, richtete sich das Tier auf, machte schwankende Bewegungen, folgte dabei aber nicht dem Takte der Musik, sondern den Körperbewegungen des Bläsers.

Nichts konnte überzeugender sein! Hatten wir doch den Mann keinen Augenblick aus den Augen gelassen!

Trotzdem zweifelte ich an der Wahrheit der ganzen Vorgänge. Als wir die Inder aufforderten, auch ihre Turbane und Gewänder abzulegen und die Suche so fortzusetzen, fingen sie an, Ausflüchte zu machen, was unser Mißtrauen nicht verringerte. Wir drohten ihnen mit genauer Körperuntersuchung, da warfen sie sich, um Gnade winselnd, vor uns nieder. Sie wären gerne bereit, alles zu erklären, nur sollen wir sie nicht verraten. Wir

Empfohlene Zitierweise:
Walther Kabel: Der Schwindel der Schlangenbeschwörer (Bibliothek der Unterhaltung und des Wissens, Band 5). Union Deutsche Verlagsgesellschaft, Stuttgart, Berlin, Leipzig 1916, Seite 236. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Schwindel_der_Schlangenbeschw%C3%B6rer.pdf/3&oldid=- (Version vom 31.7.2018)