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Dr. Heinrich Imbecillus: Der Prosector in der Westentasche

Und darauf frei das Schädeldach
Bis an den Orbitalrand[1] mach’,
Die Schuppe[2] auch vom Occiput[3]
Befrei von jedem Weichteil gut.
Wagrecht durchsäg den Schädel, rund
Dann zwischen Stirnbeinhöcker und
Dem obern Rand der Orbita,
Doch schon’ des Schädels Inhalt ja!
Die Säge hinten fingertief
Unter dem Lambdawinkel[4] lief.
Drauf mit der Darmscheer stumpfer Spitze,
Gesetzt, dass sie zu fest nicht sitze,
Die Dura mater[5] abgewühlt,
Das Dach gelöst und abgespült.
(Hängt fest die Dura an dem Dach,
Die Sache etwas anders mach.
Durchschneide sie dann ringsum fein,
Stich auf die Crista galli[6] ein,
Von dieser noch die Falix[7] zu trennen.
Wirst jetzt den Deckel heben können!)
Nun wird das Schädeldach betrachtet,
Die Form und Dicke wohl beachtet,
Ob’s sehr, ob’s wenig transparent,
Ob Impressionen man erkennt;

Anmerkungen (Wikisource)

  1. Orbita: Die Augenhöhle
  2. Squama: Bezeichnung für die platten Anteile der Hirnschädelknochen
  3. Occiput: Das Hinterhauptsbein
  4. Lambdawinkel: Die λ-förmige Schädelnaht zwischen den zwei Scheitelbeinen und dem Hinterhauptsbein, beim Säugling findet sich hier die kleine Fontanelle
  5. Dura mater: Die harte Hirnhaut
  6. Crista galli: Der „Hahnenkamm“, eine senkrecht stehende Knochenkante am Siebbein auf dem Nasendach, an dem die Großhirnsichel (Falx cerebri) befestigt ist
  7. Falx: Die Sichel, gemeint ist die Falx cerebri, die Großhirnsichel, eine Duplikatur der Dura mater, die sich von oben zwischen die Großhirnhemisphären hinabsenkt
Empfohlene Zitierweise:
Dr. Heinrich Imbecillus: Der Prosector in der Westentasche. W. Heinrich, Strassburg i. E. 1894, Seite 7. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Prosector_in_der_Westentasche_-_Seite_07.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)