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Italienische Reisen

Augen, Augen, das ist ja doch alles, was man mitbringen sollte zu einer italienischen Reise – Bücher nur so viele, daß sie die Augen nicht verderben.

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Es ist doch etwas gar Schönes, so in der Natur draußen sitzen und zeichnen oder malen, es kommt einen so schöne Ruhe über einen – die oft fast ins Traumhafte übergeht – worunter freilich die Beobachtung zwar leidet, aber in der sich doch so viel Unbewußtes, was doch in der Kunst auch eine Rolle spielt, ansammelt.

Oder im blühenden Olivenhaine sitzen, den ganz eigenartigen Duft, der sich mit der Meeresluft, die aus dem Blauen heranweht, so schön vereinigt, – das Bienengesumme in den gelblichweißen Blüten auf kristallblauen Gründen – das Gefühl der Unendlichkeit überkommt uns, so daß wir die Sinne verhüllen, um in die tiefste Einsamkeit unseres Seins zu versinken.

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Denn die Harmonie, die Schönheit liegt nicht in der Welt da draußen, sie ist nur eine Fähigkeit der Seele, das zu empfangen, was die Sinne ihr zuführen.

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An der Kraft und Eindringlichkeit, mit der in Italien Kunst und Natur zu uns sprechen, sollten wir Herz und Auge stärken, dann scheint die Sonne Homers auch uns.

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Die fünfte italienische Reise erfolgte im Jahre 1897, nachdem meine Mutter am Vorabend ihres 93. Geburtstages gestorben war. Es war die erste große Störung, welche der Schnitter Tod in unser stillruhiges Leben in der Frankfurter Wolfsgangstraße gebracht hatte.

Die gute Mutter, die ja im Grunde daran schuld ist, das ich Maler geworden bin, – einige Herren Kritiken mögen ihr dies verzeihen, – hat sich eigentlich im ganzen Leben nie von mir

Empfohlene Zitierweise:
Joseph August Beringer (Hrsg.): Der Malerpoet. Delphin-Verlag München, München 1917, Seite 16. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Malerpoet.pdf/31&oldid=- (Version vom 31.7.2018)