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und ihrem Widerspiel, den dämonischen Wesen, die noch aus Urzeiten her lebendig geblieben sind. Thomas treue Sohnschaft bewahrt noch diese Züge der Heimat. Wir erkennen es klar aus seinen religiösen und mythologischen Darstellungen. Wie kaum einer von heute hat Thoma den menschlich geistigen Vorstellungsinhalt des Christentums so schlicht treuherzig und unbefangen in die Kunst gerettet.

Mit einer ergreifenden Innerlichkeit ist das menschlich Große der Christusvorstellungen einfach und schlagend zur Darstellung gebracht, nicht als dogmatische Veranschaulichungen, sondern als durchlebte Wahrheiten, die, groß in ihren Stoffen und Grundlagen, auch wieder bedeutungsvoll und gewichtig zur künstlerischen Formung gelangen.

Noch reicher und beziehungsvoller sind die mythologischen und phantastischen Bildungen Thomas gestaltet. Auch sie sind gewachsen aus dem natürlichen Boden einfachen Erlebens, klaren Schauens und keineswegs hervorgegangen aus ausschweifenden, zügellosen Gedankengängen. In ihnen ist das holde Spiel mit Formen und Gestalten zur vollsten Anmut und Körperlichkeit verklärt. Die realistischen Darstellungen der Frühzeit lassen schon erkennen, wie leicht Thoma die Wirklichkeit ins Traumhafte umdeutet, wie er die Sprache des Alltags auf natürliche und ungezwungene Weise in seine Kunstsprache übersetzt und damit die natürlich gebliebene Sprache der deutschen Sage (Mythologie) neu belebt und die erstarrte (abstrakte) Formelwelt der Antike vermeidet.

Man erkennt, daß Thomas Heimat überall ist, wo durch hohe Gedanken und durch feine Sinne die Vorstellungen mit künstlerischen Mitteln sich schaubar machen lassen. Er sammelt mit seiner Hand und frommem, heiterm Sinn das „Wohlgefallen an der Schöpfung“ für die Menschheit ein. Er befreit sie von der Qual und Angst des Erdenlebens, indem er seine hellen und fröhlichen Gesichte mit geruhsamer Friedlichkeit und Würde vor unsern entzückten Augen und ergriffenen Seelen ausbreitet.

Empfohlene Zitierweise:
Joseph August Beringer (Hrsg.): Der Malerpoet. Delphin-Verlag München, München 1917, Seite 8. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Malerpoet.pdf/17&oldid=- (Version vom 31.7.2018)