Seite:Der Kampf in Dresden im Mai 1849.pdf/112

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

3. Das dritte Mittel, sich in den Besitz eines mehr oder weniger haltbaren und hartnäckig vertheidigten Ortes zu setzen: der gewaltsame Angriff, war im vorliegenden Falle von da ab, nicht mehr rathsam, nachdem den Empörern die Zeit gelassen worden war, ihr Barrikaden-System in Verbindung mit der Häuser-Vertheidigung zu vervollständigen. Ob es früher, d. h. am 2ten oder 3ten Mai, noch möglich gewesen wäre, die Straßen, ehe sie ungangbar für geschlossene Abtheilungen gemacht waren, anfangs durch Kavallerie-Chargen allein, dann durch wechselweises Eingreifen von Infanterie und Kavallerie, zuletzt durch kombinirte Wirkung aller drei Waffen, zu säubern und rein zu erhalten, hätte von zu viel Zufälligkeiten abgehangen, als daß sich mit Bestimmtheit etwas darüber behaupten ließe. Jedenfalls wäre der Regierung in diesem Falle der Vorwurf gemacht worden, zu früh und ohne genügenden Grund mit Gewalt eingeschritten zu sein, dadurch die ernste Aufregung und die wirkliche Widersetzlichkeit erst hervorgerufen zu haben, und somit die moralische Verantwortlichkeit für das vergossene Bürgerblut zu tragen. – Bei der von der Regierung bis zum letzten Augenblick geübten Langmuth lassen diese Vorwürfe sich nun zwar selbst von dem Böswilligsten nicht mit dem mindesten Schein von Begründung vorbringen, dafür war es aber auch jetzt (d. h. am 4ten und 5ten Mai) zu spät, den Aufstand noch wie einen Straßen-Auflauf oder gewöhnlichen Volks-Tumult zu unterdrücken. Es galt wirklichen Kampf gegen einen, nicht allein, wie man sonst zu sagen pflegt: bis an die Zähne, sondern sogar bis an die ersten Stockwerke der Häuser, verschanzten und verbarrikadirten Feind.

Wohl stand das Beispiel Cavaignac’s in frischem Andenken, welcher den großartigsten und hartnäckigsten Straßenkampf nicht allein der neueren Zeit, sondern vielleicht der ganzen Weltgeschichte, vermittelst direkter

Empfohlene Zitierweise:
Friedrich von Waldersee: Der Kampf in Dresden im Mai 1849. E. S. Mittler und Sohn, Berlin 1849, Seite 99. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Kampf_in_Dresden_im_Mai_1849.pdf/112&oldid=- (Version vom 31.7.2018)