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hoher Back und hohem Hinterteil, ohne Masten – nur von langen Rudern getrieben, die an jeder Seite in doppelter Reihe hervorsahen – eine alte Galeere im neunzehnten Jahrhundert! An eine französische Strafgaleere mußte wenigstens im ersten Augenblicke wohl jeder denken. Der klassisch gebildete Seemann dagegen erkannte sofort, daß er der Bauart nach ein römisches Ruderschiff aus dem Altertum vor sich hatte!

Das Rätsel wurde immer geheimnisvoller. Oder vielmehr jetzt fand es seine Lösung.

Das Ruderschiff fuhr nämlich auf den ausgestorbenen Schoner zu, und als jetzt Richard, dem Beispiel des Matrosen folgend, ebenfalls hinter die Leinewand sprang, die lose vor der Back hing, und durch deren Löcher man alles beobachten konnte, sodaß man im Falle der Not sich auch von hier aus ins Innere des Schiffes zurückziehen konnte, erkannte er deutlich den Mann, der das hochstehende Steuerrad drehte, während sonst kein Mensch bei der Höhe der Brüstung auf der Galeere zu sehen war. Seltsam, der Steuernde auf dem Ruderschiffe aus dem klassischen Altertume trug ebenfalls das holländische Kostüm mit Schoßrock und Wadenstrümpfen!

Mit einem Schlage wurden jetzt alle Ruder, jedes wohl acht Meter lang und die oberen noch länger, auf der einen Seite eingezogen, dann legte das Schiff an, fielen Enterhaken, öffnete sich die hohe Bordwand an einer Stelle, schob sich eine Brücke nach unten hervor, und ein Zug von Menschen schritt darüber und betrat das Deck des Schoners.

Voran ging ein ältlicher Mann, im holländischen Kostüm eine Art von goldenem Heroldsstab in der Hand, hinter ihm schritten zwei andere Holländer in Kniestrümpfen und Schnallenschuhen, dann aber kamen drei Männer von ganz anderem Aussehen.

Der erste von diesen, jedenfalls die Hauptperson, war ein Greis mit schneeweißem Bart und Haupthaar. Er war gekleidet in eine wallende Toga aus einem leichten, himmelblauen Stoffe, das Gewand, das die alten Römer trugen,

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Robert Kraft: Der König der Zauberer. H. G. Münchmeyer, Dresden (1901), Seite 6. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_K%C3%B6nig_der_Zauberer.pdf/8&oldid=- (Version vom 31.7.2018)