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ihren warmen, schützenden Händen. Eine Stimme, die vor gezügelter Leidenschaft bebte, sprach: „Junge, hast du kein Vertrauen zu mir? Bramabarsierst daher, wie ausgezeichnet es dir geht und hast kein Dach überm Kopf. Du!“ Sie schüttelte ihn. Ihre Züge waren plötzlich viel reifer. Ihre Lippen pressten sich in einer nie gekannten Erregung zusammen. „Du! Spielt denn das zwischen uns eine Rolle? Ist das nicht ganz gleichgültig? Kommt es darauf an, ob einer äusseren Erfolg gehabt hat oder darauf, ob einer was kann oder nicht? Weisst du nicht, was du kannst?“

„Doch.“

„Du!“ Jetzt liefen zwei dicke Tränen über ihre Backen.

Da wurde er zum Mann. Da brach der Kerl in ihm durch, der nur verschüttet war und nie durchgebrochen war unter Elend und dem Fluch der Erfolglosigkeit. Er schnellte auf, er riss sie an sich. Nicht sehr gewandt und nicht sehr weltmännisch. Urkraft und Trieb regierten die Stunde. Zwei Anfänger stoben zueinander. Sie wehrte sich gegen den Mann aus atavistischen Fraueninstinkten, wandte den Mund fort vor seinen erobernden Lippen – gehorchte der triumphierenden Stärke, liess ihm den Mund, wurde heiss, bot ihm die Lippen – trunken – lechzend – erlöst.

Dann erwachten sie aus dem ersten Sinnenrausch ihres Lebens, blickten sich an, wie Kinder den Weihnachtsbaum, und taumelten wieder zueinander. Dann kamen abgerissene Worte, gestammelte Sätze und töricht kindlich traute Erklärungen: „gleich, als ich dich auf der ersten Probe sah und hörte,“ „ich hab nie gewagt, dich auch nur in Gedanken mit

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 71. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/72&oldid=- (Version vom 31.7.2018)