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mahnte sie und deutete auf einen einladenden Sessel. Dann begann sie an einem elektrischen Teekessel zu hantieren.

Er setzte sich, nicht frei von Minderwertigkeitskomplexen, und sah ihr stumm zu. Eine labende, streichelnde Atmosphäre wehte ihn an. Dem obdachlosen, vom Schicksal herumgestossenen Mann wurde seltsam gut ums Herz. Er kam sich ein wenig verwunschen vor. Er, Peter Heise, der, wenn er Glück hatte, in ungeheizten unbehaglichen Kammern hauste, sass in aller Behaglichkeit wie ein durchgedrungener grosser Herr in einem warmen hübschen Gemach, ja, sowas konnte man nur „Gemach“ nennen, und schaute einer mädchenhaften Dame zu, die Tee für ihn bereitete. Es geschahen noch Wunder und Zeichen, bei Gott! Auch für den bettelarmen, vergeblichen Schicksalsturm-Kletterer Peter Heise.

Sie plauderte. Er verstand kaum, was sie sagte. Das Wunder rauschte in seinen Ohren. Vielleicht war es auch der Hunger. Sie reichte ihm eine Tasse Tee, legte ihm Brödchen auf und Kuchen. Er nahm, er ass. Er wollte nicht gierig zugreifen, sich nicht verraten. Er tat überlegen und gesättigt, wie einer, der mit vollem Magen liebenswürdig noch ein Häppchen genehmigt. Aber vor ihr gab es keine affige Komödie.

„Langen Sie tüchtig zu,“ ermunterte sie, „zieren Sie sich nicht, Sie sehen, ich habe gründlich vorgesorgt.“ Sie zeigte auf die üppige Schüssel.

Er griff zu. Mit der Glut des Tees, der feurig in seinen durchfrorenen Körper hinabsickerte, mit der beginnenden Sättigung erwachten seine Lebensgeister. Jetzt verstand er die Worte, die sie sprach,

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/66&oldid=- (Version vom 31.7.2018)