Seite:Der Held von Berlin.pdf/57

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

es ja auch selbst gesagt – hatte ihr seine Stimme gefallen. Sie sah in ihm einen ebenbürtigen Kollegen. Der erste Fremde, der ihn in seiner Niederung entdeckt hatte. Nein, nicht der erste. Auch Buchner. Aber sie auch.

Von dieser Erkenntnis ihres künstlerischen Scharfblicks zur Dankbarkeit, von der Dankbarkeit zur Verwunderung, von der Verwunderung zur Bewunderung, von der Bewunderung zu einem heiss aufquellenden Gefühl, das nur als erster Keim einer Liebe bezeichnet werden konnte, waren nur wenige Schritte. Heise tat sie.

Nie war ihm der weite Weg vom Westen zum Norden so kurz erschienen. Die Friedrichstrasse und Chauseestrasse ging er im Rausch und Traum der ersten verliebten Verzückung seines Lebens. Noch nie war ihm eine Frau nahegetreten – ausser den Damen, die das Stadtviertel stark bevölkerten, das er bewohnte. Aber ihre mehr oder weniger – meist weniger – ehrbare Annäherung hatte er stets liebenswürdig, doch fest abgewiesen. Er hatte noch nie eine Geliebte besessen, aus Mangel an Geld, aus Mangel an Neigung. Und weil er in seinem sauberen, friesischen Herzen eine unmoderne Reinheit und eine unbelastete Sehnsucht trug. Eine Sehnsucht nach der grossen Liebe, von der die Sagen und Märchen erzählen. Er aber glaubte, er würde ihr im Leben begegnen, denn er war bei aller Seemannsnüchternheit ein kühner Phantast.

Jetzt läutete ein dummes Herzklopfen in der Brust Sturm, wie die Kirchturmglocke in dem heimatlichen Dorf oft des Sommers bei Feuersbrunst durch Blitzschlag. Der Wetterstrahl hatte in sein Gemüt

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 56. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/57&oldid=- (Version vom 31.7.2018)