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wollte sie ihn halten, ihn nicht wieder verlieren, nachdem sie ihn kaum gewonnen hatte. Gewonnen? dachte sie zweifelnd. Sie fühlte, wie schwer er zugänglich war, und ahnte, wie einsam und freundlos er in dieser grossen eigensüchtigen Stadt lebte.

„Also, Frage Nummer zwei,“ versuchte sie den Weg ins Scherzhafte zurückzufinden. „Wie ist der Seemann Sänger geworden?“

„Tja – daran ist wohl zuerst der Lehrer schuld in der Gemeindeschule zuhause. Der sagte mal: Junge – Junge – du hast’ne Stimme, du musst Sänger werden.“ Er war unbewusst in sein Friesisch zurückgefallen. „Ich glaube aber, der hat das nur so hingesagt. Aber es ist in mir hängen geblieben. Und dann – dann kam es aus mir selbst heraus. Ich hab immer gefühlt, ich hab da was in der Kehle,“ er griff sich an den Hals, „das nicht jeder hat. Eigentlich hab ich immer gesungen. Draussen auf der See beim Fischfang. Sie hörten es gern, die Andern. Volkslieder, Seemannslieder, die modernen Schlager, die wir in der Saison in den grossen Cafés hörten, Teile von Opern, die die Grammophone hinausschmetterten. Na ja, und dann ging ich auch hinunter zum Meer und sang über die Brandung fort.“

„Schön,“ sagte sie mit hellen Augen, „ganz wie ich’s mir gedacht habe, – oder vielleicht denkt man das auch nachher nur so.“ Ihm fiel wieder auf, dass sie sich offenbar schon viel mit ihm beschäftigt hatte. Er begriff es nicht, ging aber darüber fort und antwortete:

„Ach, das ist doch nichts besonderes.“

„Und wie sind Sie dann richtiger Sänger geworden? Ich

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 26. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/27&oldid=- (Version vom 31.7.2018)