Seite:Der Held von Berlin.pdf/201

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Flausen von freier Liebe, Kameradschaftehe, Künstlerehe auf Probe und wie diese neumodischen Ausflüchte neuzeitlicher Verführer alle hiessen. Gipfel idealer Liebe! Noch blühte die blaue Wunderblume wahrer Herzenswonne in dieser entidealisierten Welt.

Die Verhandlung drohte, in ein Jubelfest fraulicher Hingerissenheit auszuarten. Der Präsident musste dämpfen, musste die Zügel, die er in der hochgehenden seelenvollen Begeisterung sich wieder hatte entgleiten lassen, abermals fester raffen.

Er suchte jetzt den Angeklagten zu bewegen, den Mord oder doch den Totschlag, jedenfalls doch aber einen Akt der Notwehr in der Garderobe Baras zuzugeben. Heise leugnete hartnäckig und unverständlich. Blieb dabei, Bara habe tot und blutend am Boden gelegen, als er in die Garderobe gekommen sei.

Der Streit ging hin und her unter bewegter Teilnahme des Publikums. Warum gab dieser grossmütige romantische Mann diese Bagatelle nicht endlich zu?! Geschehen konnte ihm doch kaum noch etwas.

Allzugern wäre manche tiefbewegte junge Schöne hin zu ihm gegangen, hätte ihn sanft aufgerüttelt und ihm gut zugesprochen: „sag es doch, sag es doch endlich! Was liegt an diesem Bösewicht! Sag doch, dass du ihn für immer unschädlich machen wolltest.“

Das Publikum lebte mit, wie bei einem Meisterschafts-Fussballkampf, bei diesem Rededuell zwischen dem Präsidenten und Heise.

Der Angeklagte blieb unsinnig verstockt und verblödet.

Empfohlene Zitierweise:
Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 200. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/201&oldid=- (Version vom 31.7.2018)