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das Friesische an ihm, war von ihm abgefallen. Etwas Don Quichotehaftes war an ihm gewesen. Ja, etwas Vernarrtes, leidenschaftlich Wildes.

Jemand kam durch den Torweg und sah sie an, misstrauisch schien ihr. Da ging sie weiter. Ganz langsam. Die Beine waren ungelenk und schwer.

Aber er ist ja kein richtiger Friese, dachte sie, sonst wäre er kein Opernsänger geworden. Er war eben doch ein temperamentvoller künstlerisch befeuerter Mensch unter seiner Verschlossenheit. Das alles war jetzt aufgesprungen unter dem Druck der grossen Chance, die er im Tode Baras sah. War das so unmenschlich? Warteten nicht Tausende auf den Tod irgendeines andern, der ihnen den Weg zu irgendeinem Ziel versperrte? Rückten nicht Tausende auf, wenn einer ihnen Platz machte durch sein Sterben? Gerieten Sie deswegen in den Verdacht, seine Mörder zu sein? Nein, nein, nein, sie wollte es nicht glauben. Wollte nicht treulos werden, bloss weil andere ihn verdächtigten.

Sie verbrachte Tage und Nächte der Qual immer wieder aufsteigender, immer wieder verscheuchter Zweifel und der Reue ob ihrer Zweifel und Unsicherheit. Noch einmal versuchte sie, ihn zu sprechen. Vergeblich. Sie rief den Anwalt an. „Warten Sie bitte noch,“ riet er, „ich sehe noch immer nicht klar. Er hat sich übrigens geweigert, mich zu sprechen.“

Dann kam der Taumel über Berlin. Jo las den Brief Fatma Nansens in der Zeitung, las, dass er für die Kollegin Bara getötet hätte.

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Alfred Schirokauer: Der Held von Berlin. Typoskript, Berlin o. J., Seite 144. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Held_von_Berlin.pdf/145&oldid=- (Version vom 31.7.2018)