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Doch Paul Loring ließ sich von seinem Vorhaben nicht abbringen. Sein Gesicht zeigte jetzt einen Ausdruck, der gegen den bisherigen so stark abstach, daß selbst bei der dürftigen Beleuchtung durch die schwelende Glut des kleinen Feuers deutlich zu erkennen war, daß eine seltsame Erregung die Seele des frühreifen jungen Menschen durchzittern mußte.

Der stille, wortkarge Emil Kurz war es, dem diese Veränderung zuerst auffiel, zumal Paul Loring mit einer gewissen ungeduldigen Heftigkeit seinen Plan, sich draußen in der Schlucht genauer umzusehen, verteidigte. Auf seine Frage, weshalb er denn die wohlgemeinten Warnungen des Ingenieurs so völlig unbeachtet lasse, zuckte Loring nur halb ärgerlich die Achsel, griff nach seiner Büchse und der Löwenhaut und verschwand mit einem kurzen „Auf Wiedersehen“.

Als der Vorhang hinter ihm wieder zugefallen war, kam auch Ali Mompo langsam zu den dreien an das Feuer zurück und sagte, indem er sich nach Art der Orientalen in Hockestellung niederließ: „Junge deutsche Herr hören, wie einer von Leuten in der Schlucht etwas gerufen haben. Da er zusammenzucken wie von Kolbenhieb. Muß Stimme kennen …“

„Wie … sollte vielleicht gar …“ Aber der Ingenieur konnte diesen Satz nicht beenden, denn der rote Knirps fuhr mit seinem Baß dazwischen.

„Natürlich, – natürlich hat er an der Stimme seinen Todfeind erkannt, jenen Engländer Schlook, der ihm die Eltern geraubt hat …! Deshalb auch sein verzerrtes Gesicht und …“

Ali Mompo war urplötzlich kerzengerade hochgeschnellt. „Still – still – – hören!“ rief er gedämpften Tones. „Das sein die Stimme des falschen Löwen. Wir sie kennen … So brüllen nur Mensch in Löwenfell …“

„Wenn wir Loring nur zurückgehalten hätten …!“ meinte Fritz Tümmler besorgt. „Ich habe so eine dunkle Ahnung, als ob …“

Draußen jetzt mehrere Schüsse …

Da hielt den Mischling nichts mehr in dem Felsenversteck zurück. Er, der mit den Gefahren der Wüste und

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W. Belka: Der Gespensterlöwe. Verlag moderner Lektüre G.m.b.H., Berlin 1916, Seite 28. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_Gespensterl%C3%B6we.pdf/29&oldid=- (Version vom 31.7.2018)