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derselben. Und wie wahr es sey, daß seine übrigen Tugenden ihm nicht ausgereicht hätten, lehrt Scipio, einer der Seltensten, nicht blos in seinen Tagen, sondern im ganzen Angedenken der Dinge, von denen man etwas weiß. Wider diesen empörte sich seine Armee in Spanien, woran nichts andres Schuld war als seine zu große Güte, die den Soldaten mehr Freiheit zugestanden hatte, als mit der Kriegszucht sich vertrug. Fabius Maximus warf ihm dieß im Senate vor, und nannte ihn den Verderber der römischen Miliz. – Die Lokrer, die ein Legat des Scipio geplündert hatte, wurden von ihm nicht gerächt, noch dieses Legaten Frechheit gezüchtigt, alles Folgen dieser seiner gelinden Natur. So daß Jemand, der im Senat ihn entschuldigen wollte, sagte, es gäbe viele Menschen, welche sich besser darauf verstünden keine Fehler zu begehen, als Andrer Fehler zu verbessern. Welche Natur mit der Zeit den Ruf und Ruhm des Scipio entstellt haben würden, wenn er im Regimente dabei beharrt wär; aber unter der Leitung des Senates verbarg sich diese schädliche Eigenschaft nicht nur, sondern gereichte zu seinem Ruhme. Ich schließe also, um wieder auf Furcht und Liebe zu kommen, daß, da die Menschen nach ihrem Willen lieben, und nach dem Willen des Fürsten fürchten, sich ein weiser Fürst auf das, was sein, nicht auf das, was der Andern ist, stützen muß. Blos, wie gesagt, den Haß zu meiden muß er sich befleißigen.


Achtzehntes Kapitel.
Auf welche Weise die Fürsten Treu’ und Glauben halten müssen.

Wie löblich die Bewahrung der Treue, ein lauterer Wandel und ohne List, an einem Fürsten sey, sieht Jeder.

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Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 70. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_088.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)