Seite:Der Fürst (Machiavelli Regis) 083.jpg

Fertig. Dieser Text wurde zweimal anhand der Quelle korrekturgelesen. Die Schreibweise folgt dem Originaltext.

Tugend der Freigebigkeit nicht ohne seinen Schaden so ausüben kann, daß sie kundig würde, muß, wenn er klug ist, um den Namen des Kargen sich nicht kümmern; weil man mit der Zeit ihn immer mehr für freigebig halten wird, wenn man sieht, daß er mit seinen Revenuen, vermöge seiner Sparsamkeit auskommt, gegen Überfälle sich wehren, etwas unternehmen kann, ohne Druck des Volks: so daß er zuletzt gegen alle Die freigebig sich erwiesen hat, denen er nichts abnimmt, deren Unzählige sind; karg aber nur gegen Jene, Denen er nichts giebt: deren Wenige sind. In unsern Zeiten haben wir gar nichts Großes geschehen sehen, außer durch Solche, die man für karg hielt, und die Andern sind zu nichte geworden. Papst Julius der Zweyte, sobald er sich seines Rufes der Freigebigkeit zu Vergrößerung des Papstthums bedient, dachte darnach nicht weiter daran, ihn sich zu erhalten, um gegen den König von Frankreich den Krieg bestreiten zu können; und hat so viele Kriege geführt ohne Einführung ausserordentlicher Steuern neben den alten, weil seine lange Sparsamkeit den Zuwachs des überflüssigen Aufwands gedeckt hatte. Wenn der gegenwärtige König von Spanien für freigebig wäre gehalten worden, er würde so viele Unternehmen nicht angefangen noch durchgesetzt haben. Um also die Unterthanen nicht berauben zu müssen, um nicht arm und verächtlich zu werden, indem er sich nicht will nöthigen lassen ein Räuber zu seyn, darf es ein Fürst nur wenig achten, ob er den Namen des Kargen sich zuzieht, weil dieses eines der Laster ist, die ihn herrschen machen. Und wenn Einer spräche: Cäsar kam durch die Freigebigkeit zum Regiment, und viele Andre sind, weil sie freigebig waren und dafür galten, zu den höchsten Stufen emporgestiegen, erwiedre ich: Entweder bist du schon

Empfohlene Zitierweise:
Niccolò Machiavelli: Der Fürst. Stuttgart, Tübingen 1842, Seite 65. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:Der_F%C3%BCrst_(Machiavelli_Regis)_083.jpg&oldid=- (Version vom 31.7.2018)