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„Eine Tochter ist auch ein Geschöpf Gottes!“ sagte Cornelie mit einem melancholischen Lächeln.

„Das älteste Kind in einer Familie muß stets ein Sohn sein! rief Eustach. Lieber Engel, sprich nicht von einer Tochter, denke nicht an eine Tochter! ich für meine Person habe die Töchter viel lieber .… aber das älteste Kind muß ein Sohn sein.“

Cornelie zuckte schweigend die Achseln. Gotthard, empört gegen Eustach, sagte abbrechend zu ihr:

„Wie werden Sie Ihren Sohn nennen?“

„Ich hoffe Eustach ist mit mir einverstanden und wir nennen ihn Tristan. Unser Felix hat kein Glück gehabt; Tristan macht keine Ansprüche daran.“

„Das ist ein trauriger Name!“ sagten beide Männer aus einem Munde.

„Und dann ist Tristan der Held des lieblichsten Gedichtes des deutschen Sagenkreises, fuhr sie fort. Er ist geboren aus dem letzten Athemzug einer glühenden, hinsterbenden Liebe: das gefällt mir so sehr. Nicht wahr, Eustach, es bleibt bei Tristan.“

„Gott geb' es!“ entgegnete er, sorgenvoll an eine Tochter denkend.

Das Jahr ging zu Ende. Gotthard war noch immer in Altdorf. Er hatte sich dermaßen an Cornelie gewöhnt, daß ihm die Trennung von ihr unmöglich schien. Vollends in diesem Augenblick. Wer

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 61. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/062&oldid=- (Version vom 31.7.2018)