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am Jahrestag ihres Todes mit einer Andern verheirathen. Und was ist er ihr? Wer ergründen könnte ob sie noch so für ihn gesinnt ist wie damals in Ems! Liebe ist das Pleroma, die Herrlichkeit Gottes im Menschen – sprach sie damals. Ich hab' es nicht vergessen und ich werde es nie! nie vergessen! –

Dorothee nahm in dieser Zeit eine ganz andre Stellung bei Cornelien ein, als diese ihr früher angewiesen. Ihre Kränklichkeit brachte das mit sich. Dorothee mußte ihr vorlesen; Dorothee mußte schreiben was sie ihr diktirte; Dorothee mußte Abends wenn die Männer kamen den Thee machen und ihn herum reichen, weil Cornelie fand, daß das Getrappel der Bedientenstiefel ihr Crispationen verursache. Dorothee war fast immer um Cornelie, und allmälig nahmen ihre Manieren, ihre Haltung, ihre Sprache den gewissen Takt an mit welchem man sich im Salon zu benehmen pflegt. Ohne ihren Platz im Geringsten zu verkennen und ohne sich selbst zu

überschätzen, immer ernst, bescheiden, dienstwillig und zurückhaltend, erschien sie, ihrem ganzen Benehmen nach, als ein Mitglied dieses Kreises. Der Graf und Dorothee haßten sich gegenseitig: sie ihn – weil sie ihn kannte; er sie – weil er sie im falschen Verdacht hatte über ihn geplaudert zu

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Ida von Hahn-Hahn: Zwei Frauen. Zweiter Band. Berlin 1845, Seite 59. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zwei_Frauen_(Hahn-Hahn)_v_2.djvu/060&oldid=- (Version vom 31.7.2018)