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Uf gnad, on alle wer,
Das ich mich on zweifel seer
Gegen mannsnammen wolt schemen.« 

     Sie sprach: »Ich wellt nemen
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Für dich ain faistes schwein,

Und dunktest dich noch so fein;
[1140] Da schmalzt man mir ain gute suppen,
Ein buren in ainer juppen

Nem ich für deiner siben.
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Werst du lenger ußbliben,

Ich hett dein ganz vergessen.
Du hast mein herz besessen,
Gleich wie ain kuo ain schlitten[1];

Dein lieb hat mich verschnitten
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Mit aim alten filzhut[2].

Es ist nit halb so gut,
Das man gleich hoch acht.«
     Ich armer stund und lacht,

Und was wir doch kain scherz.
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Ich gedacht[3]: Ach, manns herz,

Wie bist so gar verschwigen!
Ein kind in ainer wiegen
Hat mer vernunft, dann ich.

     Ich sprach zu der wunneglich:
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»Herzlieb, was ist die schuld,

Das ich ewer weiplich huld
So gar verloren hab?
Ein kraut das haist schabab,

Das steet uf wilder haid
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Und thut mir vil zu laid;

Es ist gar wol umbzeint.
Der wer mein gut freundt,
Der mir das kraut veretzt

Und an die statt setzt
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Ein blumen, haißt vergissmeinnit,

Der mir dasselb nit abschnidt;
So stünd ich sorgen frei,
Meins herzen schene amei!

Nun last[4] mich nit verderben
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Und umb eurtwillen sterben;

Wiewol mirs wer ain klainer schmerz.
Ich tailt mit euch mein herz,
Als ain pellican thut,

Der mit seinem blut
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Seine jungen thut erneren.

Wie kindt ir euch erweren?
Ir müßt mir gnad beweisen;


  1. kuo ain schlitten] welche nie an einen schlitten gespannt wird.
  2. filzhut] der zum schneiden unfähig ist.
  3. gedacht] hs. gedach.
  4. last] hs. laß.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 223. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_223.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)