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     Ich sprach: »Herzliebster hort[1]!
Dess will ich euch verjehen:
Ich hab gar vil gesehen,

Und ist euch auch wol kunt,
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Das man ain zottenden hundt

Von hessligkait lieb hat;
Laß mich dieselbig statt
Also bei euch verdreten,

So will ich ungebetten
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Ewer williger diener sein.

Die fassnacht gehet herein,
So dörft ir wol ains butzen.«
     Sie ward ain wenig schmutzen,

Und ließ doch bald darvon
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Und sprach: »Gesell, es geschicht

Nit halb, was du begerst.
Wann du zu Nürmberg werst[2],
So geb man dir die wal;

Man thuts aber nit überal,
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Das man die schaff sengt[3].

Wer vil näher hengt[4],
Der muß dester mer verlieren.
Du darfst mir nit hoffieren

Mit deiner falschen geigen;
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Du ist noch wol rueben für feugen,

Als ainest dein vatter[5] thet.«
     Ach Gott von himel! solche red
Der mußt ich vil verschlinden.

Es möcht ain herten stain
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Mein senlich clag erbarmen.

»Ach, zarte fraw, sollt ich erwarmen
An ewer rainen brust,
Das wer meins herzen lust

Für alle freud uf erden!« 
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Sie sprach: »Solltest so alt werden,

Als Mathusalem was,
Der under ainer kuefen saß,
Es sollt dir nit gedeihen!«

Ich sagt: »Fraw, was wellt ir mich zeihen?
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Es wer ain lange zeit;

Das zil ist vil zu weit,
Ich kan es nit erlangen.
Ich gib mich sonst gefangen


  1. hort] s. oben s. 217, 4 und anmerk. dazu.
  2. Wann du etc.] über diese sprichwörtliche redensart s. Album des Literarischen Vereins in Nürnberg für 1865, s. 76—80.
  3. schaff sengt] vgl. Eiselein a. a. o. s. 542.
  4. näher hengt] d. i. je näher einer die zügel dem rosse beim wettlauf hängen lässt, desto mehr verliert er, weil er desto mehr zurückbleibt.
  5. dein vatter] Gottfrid Wernhers vater, Johannes Wernher, litt in seinem alter mangel, weil er in die reichsacht verfallen und seiner besitzungen beraubt worden war.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 222. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_222.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)