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zerbrochen und ein anders machen hat lasen. Aber graf Gotfridt Wernhers genius ist etliche jar darnach mermals gesehen und gehört worden, und insonderhait, als nach seinem absterben die grösere erwachsene frölin sampt den

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edlen jungkfrawen in die cammer ob des alten herren seeligen stuben gelegt worden, hat sich etliche mal begeben, das er nachts zu inen in die cammer kommen, das sie ine gesehen, ist aber allwegen ohne nachtail von inen abgeschaiden. Uf ein zeit, als es ganz hell vom monschein in der cammer,

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ist er auch kommen, hat ein weise schlaffhauben ufgehapt, ein weisen bart und dann ein langen, groen nachtbelz. Er ist an die seiten gegen der wandt gangen, daselbst die zwo trappen vorm bet ufgestigen und sich ins bet an ein jungkfraw, genannt Anna Maria von Remchingen, gelegt. Da

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ist er ein kleine weil bliben, wider ufgestanden, die treppen und das bet hinab geschliffen oder gerutzt, als ob ein belzdecke hinabgefallen were; ist verschwunden, das sie nit gewisst, wohin er kommen. Es haben baid jungkfrawen, die von Remchingen und dann die Juliana von Sulz, domals

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gewacht und ist gar nahe umb miternacht beschehen. So haben die baid eltere frölin, Anna und Johanna, hart geschlaffen, das sie hievon nichs vernommen. Aber die jungkfrawen, so lang er in der cammer vorhanden, haben weder reden, schreien oder sich bewegen künden. Im selbigen

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alten thurn, den die von Werdenberg gebawen, als sie Mösskirch ingehapt, und darin graf Göttfridt Wernher sein wonung gehapt, ist er mertails nachts under dem dach gelegen, auch winterszeiten in allem regen, schnee und ungewitter; das alles hat im nichs zu schaffen geben, sonder hat den

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regen uf dem dach und dann die starken windt und stöß gern gehört. Wie er fürgab, konte er am maisten darvon schlaffen. Da im sommer und bei der nacht ein wetter kam, wie grüwlich und groß auch dasselbig, so blib er im bet, so gleichwol menigclich im haus forcht und gefahr halb

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ufstande. Da aber abendts zu angender nacht ein wetter vorhanden, gieng er nider, legt sich under das dach, damit er den windt und das dachlen vom regen hören megt, und sprach, er wellte Gott vertrawen und den selbigen walten lasen. Es schickte sich aber eins mals zu angender nacht,

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als er zu ruhe sich abermals under das dach gelegt, das ein groß wetter kam. Das name also zu, das under andern donderstraichen ein stral ob seim dach einher gieng. Der


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 173. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_173.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)