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Über etliche jar hernach, gleich nach dem schmalkaldischen krieg, do hat bemelter graf Gotfridt Wernher das gemach ob dem thor abgebrochen und von demselbigen thurn, den er erhöcht umb ein gemach, biß an den andern

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alten viereckichten thurn ain zwerchhaus gefüert. Dieweil aber das spacium an der braite vil zu schmal, do fande er bei allen werkleuten an rath, er solte mit einer newen maur umb zwai claffter ungefärlich in den inern schloßhoff weichen, damit mechte das haus sein gepürliche und rechte

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weite bekommen, auch doplete gemach geben. Zu dem den alten, faulen mauren nit zu vertrawen, ein solchen baw darauf zu setzen. Aber der alt herr het ein sollichen sinn, das er von niemands wolt lernen oder underwisen werden, vil weniger darfür angesehen, als ob er die sachen nit selbs

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versteen und seine gepew selbs angeben könte. Darumb gefiel im die mainung nicht. Iedoch über und weiter, dann sein aigenschaft, do ließ er sich letstlich bereden und wolt volgen, allain het er das bedenken, das er das groß fenster in der kuchen, so in den innern hof gat, würde verbawen.

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Da sagten ime die werkleut, das ein ander liecht möcht in die küchen[1] gepracht werden, das vil förmlicher, besser und sicherer, dann das gegenwürtig imer sein mechte, namlich gegen der kirchen; aldo het das fenster den schloßgraben vor im, zu dem mögte es mit einem ansehenlichen,

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starken eisenen getter versorgt werden, das des orts kain untrew zu befaren. Wie der alt herr disen rathschlag hörte und vom eisenen getter sagen, do war es im alles argwönig und vermaint, der ein werkmaister, so ein schlosser war, genant Michel Weiß, redte das nit umb versicherung des

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baws, sonder von seines aignen nutzes wegen, damit er auch ein arbait het. Derhalben zuckt er wider hünder sich und sagt, wie einest die von Rotweil den Capellenthurn hetten decken wellen, derhalben mit iren werkleuten und zunftmaistern darvon geratschlagt; also hetten sich die

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werkleut des deckens nit künden vergleichen, dann der ein hett wellen decken mit plei, der ander mit zin, der drit mit gehawnen steinen, der viert mit kupfer, und da es an den herrn zunftmaister kürsner kommen, het er den thurn mit Genfer felen wellen decken. Also vermaint graf Gotfridt

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Wernher, gieng es mit diesem eisnen getter auch zu und


  1. küchen] hs. kirchen.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 150. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_150.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)