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het aber der knab[1] ein groß, schottler haar, do grif im als der herr nach dem haar. Aber der knab war im zu geng beritten und flohe vor im dahin, das im das haar über sich stob. Es war ganz lecherlich zuzusehen, umb die es nit

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angieng. Zu letst do geritt dem alten herren ein grif und erwüscht den knaben bei dem kitel mit der einen handt, und wie er aber mit der andern handt dem knaben nach dem schottlenden haar greift, so wurt dem knaben nit mehr, dann das er in eim grif den nestel, damit er den kittel am

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hals het hangen, ufreist. Der blib dem alten herren in der handt, der knab der springt darvon und den schnecken hinab. Und das war im guet; dann het er des nestels verfelet, der alt herr würde sein nit gefelet haben. Der warf im den kittel hinnach, gieng wider zu disch und mocht sein

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wol lachen, dann im der zorn vergangen. Und fürwar, er het ein soliche art an im, das er in einer gehe ganz gehezornig warde; in ainer geschwinde aber so war es wider dahin, do muest man dann wider frölich sein und kains zorns oder der vorbeschehnen handlungen mer gedenken.

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Ich hab wol gesehen, das sein brueder, graf Wilhelm Wernher, auch zu der zeit, als er kaiser Carls cammerrichter was, [zu][2] im kommen, das im unmüglich war, seins zorns und seltzamen weis sich zu enthalten, nur in schlechten und lecherlichen sachen, und als desselbigen grafen Wilhelms

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manier, das er ob disch, im gang gleich zu handen, was da welle, beschaidenlich frölich und kain schwermietigkait sich annimpt, hat er sich oftmals diser seltzamen weis hoch entsetzt. Wann dann der alt herr ob disch sprach: »Wolan, herr cammerrichter, sein frölich! es ist schon alles hin, wir

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wellen des dings niths mehr, es sein ungeschickt leut (seine diener vermainendt), wir wellen iezund gueter ding sein, so mocht oder konte sich dann der cammerrichter so baldt nit wider erholen. Deren dischlerman begaben sich vil in der wochen. Aber von wegen des wol und ordenlichen redens,

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das er von seinen dienern, knaben und menigclichem haben wolt, kam vil unruhe; dann als er trefenlich wol beredt, seine reden auch in solcher huet, das er nit ein vergebenlichs wort gesprochen, wolt er die seinen auch dahin gewenen, das sie nit allain behuetsam mit iren worten, sonder

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auch zierlich redten. Das kunt nur nit wol eins ieden sach


  1. knab] hs. graf.
  2. zu] dürfte zu ergänzen sein.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 110. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_110.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)