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haist der Wintberg, an dem selbigen het ein edelman sein wonung; dieweil er aber am guet nit vast reich, so war er doch ein kecker, unverzagter man und der sein tag in kriegshandlungen sich vorder wolgehalten. Derselbig lag einer

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nacht in seim bet, so kompt ein stim zu im, sprechendt: »Wachest?« Er sagt: »Ja.« Sprücht die stim weiter: »Ich waiß dein gelegenhait und vermögen, und so du gelts begerest und notturftig bist, so standt eilends uf, gang uf die und die seiten des bergs, an das ort, so wurstu ein zaichen

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finden der und der gestalt. Daselbst grab ein, do wurstu ein merklichen schatz finden; den soltu bekommen, darzu ich dir will helfen.« Der edelman, wiewol er ain unerschrockner man war, so entsaß er im doch, gesegnet sich und wolt ußerm bet sich nit tedingen lasen. Die andern

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nacht kam die stim abermals zu im, wolt in ie bereden, das er grüeb. Aber die vorcht verhündert ine abermals, das er nit uf wolt, sonder ließ das gespenst über sein vilfältigs bit und anhalten wider hinziehen. In der dritten nacht do kompt die stimb wider, verhaist ime sovil neben der

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versicherung, das im an leib oder seel nichs args widerfaren solle, das doch der edelman letstlich beredt wurt, ußtet, und dieweil das ort am berg, wie im die stimb gewisen, ganz nahe bei seiner behausung, do nimpt er ein hawen, schaufel, liechter und was darzu gehört, gat im namen Gotes hinauß

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an das ort, das im war anzaigt und gewisen worden, und facht an zu graben. Wie das beschicht, do hört er ain freundtliche und liebliche stim, die sprücht: »Hilf, helfer! hilf!« Darauf grueb der edelman noch mehr und baldt kompt er uf ein hüele in berg, und dieweil es hell, so sicht er ain

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gestalt eins grosen, langen mans am ruggen und an einer kettin darin gebunden ligen; uf seinem leib ain langes schwert lag, gieng im vom angesicht hinab biß zun füesen. So sprücht die gestalt des mentschen: »Ach theurer ritter, nim dieses schwert ab mir [1054] und erless mich von der

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grausamen und hörten gefengknus, darin ich iz enthalten wurtl« Der ritter sprach: »Wer bistu? hast den tauf empfangen und bist ein Christenmentsch?« Dem ritter sagt der gefangen: »Ach, frag nit, wer ich seie, sonder nim das schwert und erless mich! darumb solt du ein groß guet zu widergeltung

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von mir empfahen.« Das welt nun der ritter nit thuen und nach langem gesprech sagt das gefangen gespenst: »So wiß, das ich ein böser gaist bin, der ein lange zeit allen unfriden


Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 93. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_093.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)