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vil seltzamer hendel. Der alt herr war mit so großer sorg in ein solliche unordnung mit essen, trinken und schlaffen kommen, das er, auch menigclichen hernach dessen höchlichen an der gesunthait entgelten müesen. Es konte des

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morgens blösig sibne uf der uren oder uf das spettigst achte schlahen, er wolte den imbis essen. So war noch niemands lustig, nochdann, ime zu gefallen, muest man essen. Nach essens berüeft er der schreiber ein; mit dem zecht er, und under der zech macht er reimen von dem Berner und den

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risen, wie dann solich buch, damit er vil mühe und arbait gehapt, noch zu Wildenstain vorhanden[1]. Nach den zwai uhren nach mitemtag fieng er an das nachtmal; das weret biß umb die vier uhren ungefärlichen; do war aber niemands lustig. Nachts umb die neun uren und hernach do het ieder

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man erst gern gessen. Also zu der zeit, do man schlafen und an die rhue solt geen, do fieng man erst an zu dempfen. Das weret etlich stundt in die nacht. Mit sollicher unordnung wardt der sommer und auch darnach der volgendt herpst mertails volpracht; ist damit dahin komen, das iren

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kains kain rechte beharliche gesunthait nie gehapt. Und wiewol die feindt, wie obgehört, userm landt, iedoch wolt der alt herr dem wetter nit gleich trawen oder so baldt von Wildenstain weichen, er wolt auch niemandts vergebenlich oder so es nit sondere not thette, user dem haus lasen.

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Darauf gab er sonderliche achtung, das die thor nit leuchtlichen wurden geöffnet. Nun war vil jungs gesündts alda; den war die weil lang, dieweil sie user haus nit dörften. Also giengen dise drei handtirungen im schloß, einweders stettigs esen und drinken und nimmer nüechter werden,

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oder aber schlaffen, oder sie sangen den Buxbomm und Velbinger[2]. Und wie ander leut sich in das holz legen, also lagen sie in velsen und in stainen. Der alt herr het domals ein burgvogt zu Wildenstain, hieß Jacob Gerchinger. Der het ein weib, war köchin im schloß, het darvor das frölin

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Anna gesaugt. Die vergaß manichmal, wie man gesagt hat, das sie ein eheman. Nun kam einsmals der organist von Mösskirch, genannt Endres Reüter, geen Wildenstain, alda er etliche tag bei dem alten herren war. Nit waiß ich, was der burgvogt sahe oder fande zwischen den thoren in eim


  1. vorhanden] ist leider verloren gegangen.
  2. Buxbomm und Velbinger] s. Uhland, Volkslieder I, s. 30—34; Gödeke, Grundriß s. 130.
Empfohlene Zitierweise:
Froben Christoph von Zimmern: Zimmerische Chronik. Band IV. Herausgegeben von Karl August Barack. Akademische Verlagsbuchhandlung von J. C. B. Mohr, Freiburg, Tübingen 1882, Seite 64. Digitale Volltext-Ausgabe bei Wikisource, URL: https://de.wikisource.org/w/index.php?title=Seite:De_Zimmerische_Chronik_4_064.jpg&oldid=- (Version vom 12.4.2018)